Notwendigkeit von Notschuhen

Du hattest meinen letzten Satz nicht zitiert: „Zumindest wirkt das nach außen so.“

Es gibt Menschen, die finden es total cool, daß jemand barfuß läuft und von solchen werde ich auch angesprochen. Aber es gibt auch welche, die werden mindestens dadurch verunsichert. Diese Empfindung mir gegenüber nehme ich wahr, je größer die Gruppe von Menschen ist, in der ich mich bewege. Und je homogener diese Gruppe in ihrem Verhalten ist, desto negativer wirkt auf diese Gruppe ein Abweichler, ich nenne das mal „arrogant“. Das heißt ja nicht, daß ich arrogant bin oder sein möchte. Aber ich akzeptiere einfach und nehme an, daß es auf diese Leute halt arrogant wirkt. Und in dem Maße, in dem es mir dann halt auch egal ist, wie es wirkt, setze ich mich über die Anpassungserwartung einer (vielleicht sogar nur für mich imaginären) Gruppe hinweg. Und das ist dann - selbst wenn ich das gar nicht möchte - ein klein bißchen arrogant, unabsichtlich. Konkreter: Es ist niemals sicher, daß das Verhalten, das Du gerne zeigen möchtest, wirklich so von denen aufgenommen wird, denen gegenüber Du es zeigst. Ich machte diese Erfahrung vor allem früher sehr oft, daß ich glaubte, mich vorteilhaft zu verhalten und dann das Gegenteil bewirkte, weil ich ganz einfach auf anderer Wellenlänge funkte. Noch konkreter: Stell Dir vor, Du möchtest über Mittag mit einem Zimmermann (ich nenne dieses Handwerk, weil ich davor eine riesige Hochachtung habe!) reden, aber Du hast einen Doppeldoktor-habil in Räthophenalgumbernetik und sagst, nachdem Du in Deine Stulle gebissen hast: „Also diese Zerealien munden mir gustalisch, wie sensitiv phänomenal!“ - Dann wird er Dich einfach für ein Arschloch halten, auch wenn Du gar keines bist und eigentlich nur das Gespräch suchtest. :joy: Doof durch Zufall, nicht charakterlich. Dieser Graben kann überwunden werden, braucht aber etwas länger.

Nachtrag um wieder ontobig zu sein: Wenn ich mit dem Zimmermann zu tun habe, ziehe ich mir übrigens Not-Arbeitsschutz-schuhe an :wink:, davon habe ich mittlerweile sogar drei Paar, die ich regelmäßig nutze. Die sind durchstichsicher und haben Schutzkappen über den Zehen. Ein Paar Forststiefel hat Schnittschutzklasse 3, weil ich keinen Bock habe, mir mit der Kettensäge meine größte Leidenschaft zu zerstören. Also auch ich bin kein kompromißloser Barfußfanatiker.

Alles klar. Ich wollte nur sondieren, wie Du es tatsächlich gemeint hast, und Deinen letzten Satz daher absichtlich weggelassen.:wink:
Dass die beabsichtigte Wirkung nicht so bei den Empfänger:innen ankommt - das weiss ich leider aus eigener Erfahrung sehr genau. Dadurch, dass ich anders verdrahtet bin als neurotypische Menschen, und sich das bei mir auf mein Sprechverhalten auswirkt, werde ich andauernd entweder nicht gehört oder missverstanden. Es braucht sehr viel (ermüdende!!!) Selbstkontrolle, um nicht negativ aufzufallen.
Mein Anderssein hat es mir aber wiederum einfacher gemacht, mit Barfuss anzufangen. Wenn man ohnehin aus der Norm fällt, kommt’s auch nicht mehr drauf an…:crazy_face:

Liebe Grüsse
Dorothea

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Auch Aspi? Ich fühle mit Dir!

Nein, ADHS.

Liebe Grüsse
Dorothea

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Einerseits sind solche „Diagnosen“ (in Anführungszeichen, weil ich mich weigere, solche Einordnungen als „Krankheiten“ aufzufassen) hilfreich, um die Welt besser zu verstehen, andererseits darf man sich davon nicht einschränken lassen. Und das schaffst Du ganz offensichtlich wirklich super!
Liebe Grüße, Georg

ADHS in der Tat keine Krankheit - ich nenne es „andere Verdrahtung“, der Vergleich trifft es meiner Meinung nach sehr gut. Wir funktionieren wunderbar, nur eben nicht wie die Mehrheit. Wir haben sogar Vorteile: in meinem Fall die Fähigkeit zum Hyperfokus, meine Fähigkeit, Menschen zu begeistern und vernetzt und kreativ denken zu können in einer Art, wie es Neurotypische niemals schaffen, meine Energie… Ich möchte jedenfalls nicht anders sein. Vielleicht salopp der Vergleich mit Benzin- und Dieselautos: Beide funktionieren, beide haben Stärken und Schwächen.
Es ist nicht immer leicht, in einer auf Neurotypische gepolten Gesellschaft zu leben. Man kann es durchaus mit Barfuss vergleichen: manchmal eckt man an damit. Dann hilft es zu wissen, wie man damit umgeht: bezogen auf Barfuss beispielsweise eine gepflegte Erscheinung, Freundlichkeit usw., Ihr wisst schon. Bezogen auf Neurodiversität wissen, woran man ist, und gezielt bei den Reibungspunkten mit den Neurotypischen oder bei Möglichen Schwachpunkten ansetzen.
Und, um zum Thema des Threads zurückzukehren: Man muss eben einander zuhören, nicht eine Sache über eine andere stellen, einander zu verstehen suchen und versuchen, gemeinsam einen Weg zu gehen, so wie wir hier in diesem Forum.
Also: manchmal sind Schuhe eben doch notwendig…:wink:

Liebe Grüsse
Dorothea

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Genauso ist es! Dem ist nichts hinzuzufügen! Liebe Grüße, Georg

In unserem Alltag tragen wir gar keine Schuhe und laufen ausschließlich barfuß. Das ist mittlerweile zu einer Gewohnheit geworden und für uns völlig normal.
Da wir aber auch nicht in so schwierigem Gelände unterwegs sind, gibt’s für uns auch keine Notwendigkeit Notschuhe mitzunehmen.
Auf weiten Reisen haben wir aber welche dabei, denn wir wollen uns das Leben ja nicht unnötig schwer machen.

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Ach, AD(H)S?

dann ist es ja irgendwie logisch, dass wir uns in vielem gedanklich ähnlich sind :wink:

Vom gleichen Planeten, gewissermaßen.

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Ich habe meist Notschuhe dabei, ausser bei kleinen Verrichtungen ausser Haus oder Wanderungen, die ich gut kenne. Meist sind es leichte Tewas. Zugegeben, ich bin nicht in der “Spitzengruppe” was die Gewöhnung ans barfuss laufen angeht und will deshalb schwierigen Situationen vorbeugen.

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Ich bin jetzt erst seit Spätsommer regelmäßiger barfuß in der Öffentlichkeit unterwegs beim Einkaufen zum Beispiel. Da habe ich immer noch Schuhe mit in der Tasche. Auf mich machen diese eher keinen Druck, sondern ich traue mich dadurch vielleicht sogar mehr, barfuß Dinge zu tun, weil ich weiß, wenn ich doch plötzlich nicht mehr will an dem Tag, kann ich jederzeit wieder Schuhe anziehen.

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Also - einer Situation in der Schuhe über Leben und Tod entscheiden würde ICH mich niemals aussetzen.

(Ich kann mir auch schwer vorstellen in dieser Hanglage wie auf dem Foto mal eben doch Schuhe anzuziehen falls es notwendig würde- da würde mir die Sitzgelegenheit fehlen)

So meide ich alles was mit „T“ bezeichnet wird und höre bei „M“ (wie „Motorrad“) schon auf :wink:

Das ist völlig okay. Allerdings würden andere das als Einschränkung ihrer Freiheit empfinden, wenn sie bestimmte Dinge nicht tun könnten, weil die eben ohne Schuhe (schlecht oder gar nicht) möglich sind.

Für dich wäre es eine Einschränkung der Freiheit, wenn du Schuhe anziehen müsstest. Da verzichtest du eben lieber auf bestimmte Aktionen und Möglichkeiten.

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Eben - für MICH!

(Wobei ich mich kaum an eine Situation erinnern kann wo ich auf irgend etwas mir Wichtiges (!) hätte verzichten müssen in der mir Schuhe dann weitergeholfen hätten.
Doch - auf La Palma mal ein Abstecher wegen des extrem scharfkantigen Vulkangesteins am Ort - da gingen definitiv keine drei Schritte.)

Aber ich urteile (oder verurteile gar) doch nicht andere Einstellungen!
Ich kann mir auch gut vorstellen dass gerade das „Sicherheitsnetz“ aus Schuhen für manche Freiheit bedeuten.

Solche Aktionen wie sie Dorothea macht würde ich (ICH!) aber nicht mal mit geeigneten High-Heels (der Absatz sollte sich doch in den Fels bohren!?) an drei Seilen gesichert und mit Augenbinde machen.

Aber „jedem Tierchen“ …, ich fahre halt Motorrad!
Aber so etwa nur bis „M3“, was mit Gefahrenklasse „Schon deutlich aus der Pubertät“ klassifiziert ist.

(Jetzt ist der Humor schon wieder mit mir durchgegangen - ich werde mal einen Beschwerdekasten einrichten falls da Bedarf angemeldet wird …)

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Also könnte man sagen, dass man Notschuhe nur zwingend braucht, wenn man nicht bereit ist zu akzeptieren, dass man ohne Schuhe eben nicht wirklich überall hin kann. Außer im Auto, wo man nach einem Unfall ohne Schuhe sonst evtl keine erste Hilfe leisten kann. Aber diese Schuhe wären mutmaßlich nie im Einsatz und würden im Alltag nie eine Rolle spielen.

Während ich eben immer Schuhe dabei habe (zur Zeit) weil ich die auch im Alltag immer Mal wieder, wenigstens kurz benutze

Zusammengefaßt alles bisher:

  • Schuhe als Werkzeug/Schutz, wo es erforderlich ist (ggf. incl. individueller Grenzen)
  • Schuhe für „no shoes no service“-Anlässe als wohlüberlegter Kompromiß (wieder incl. individueller Grenzen)
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Da fällt mir die alte Fabel von dem Pilger ein, der in einem Gasthaus wegen seiner pilgermässig eher deutlich beanspruchten Kleidung abgewiesen wurde, beim nächsten Besuch an dem selben Ort, als Edelmann in vornehmer Gewandung, aber zuvorkommend bedient wurde.
Dann die Speisen zur Verwunderung des Wirtes auf seine Kleidung schüttete.
Und diesem dann erklärte „dass doch wohl nur seine Kleidung nun willkommen sei und nicht er selbst als Gast.“

Ich habe gerade die Assoziation, in solchen Fällen die Schuhe …

:wink:

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Ich meine damit z.B. den einzigen Laden am Ort, der für mich in dem Moment alternativlos ist, wenn ich sonst nix zum Beißen bekomme.
Oder Museen oder Veranstaltungen, wo ich mit welcher Begründung auch immer (ggf. sogar per einsehbarer Hausordnung) bf nicht reingelassen werde, aber z.B. eine teure Eintrittskarte dann ersatzlos verfällt. Ich kann dann das Rumpelstilzchen geben oder sonst irgendeine Show beim Einlaß abziehen, Essen über Kleider und in Schuhe schütten, nachher böse Briefe schreiben (siehe dunnemals Museumsinsel in Berlin incl. langjährig verbrannter Erde), aber deswegen komme ich trotzdem nicht rein. Und wenn ich in ein bestimmtes Konzert will wegen der Band, dann ist es mir nicht wert, auf Musik und Eintrittsgeld zu verzichten, bloß weil die zuständige Securityfirma entsprechend komisch drauf ist.
Ich meine damit AUCH Anlässe, wo die Befindlichkeiten anderer Teilnehmer*innen aus guten Gründen über meinem Freiheitsdrang stehen, z.B. Beerdigungen.
Und ich meine auch Anlässe, wo mir zwar das schuhsozialisiertes „feines“ Publikum eigentlich egal sein könnte, weil es mir nur ums Event selbst geht (Opernkarte in einem „besseren“ Haus z.B.), wo mir aber, selbst wenn ich anstandslos reinkäme, die zu erwartende Verachtung der High Society rund um mich rum das Event schlicht versauen würde.
Das kannst jetzt nun rückgratloses Einknicken nennen, geschenkt. Irgendwo situationsbezogene Abwägung zwischen Pragmatismus und Dogmatismus.

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Das ist nach meinem Empfinden so richtig.
Mich wurmt es natürlich auch, wenn ohne irgendeine Begründung etwas verboten ist. Noch mehr sogar, wenn es zwar eine Begründung gibt, die aber sachlich falsch oder diskriminierend ist.

Letztlich gibt es zwei akute Möglichkeiten:

Versuchen eine sachliche Lösung zu finden oder gehen.

Wenn man geht, dann kann es etwas kosten: Geld z. B. oder ein verpasstes Erlebnis.

Wenn man (in unseren Fall) Schuhe anzieht, dann kann es am Ego kratzen oder als Schikane empfunden werden.

Ich habe in der Vergangenheit auch im Nachgang zu solchen (vergleichbaren) Situationen Briefe/E-Mails geschrieben. Ausdrücklich höflich und sachlich. Manchmal mit erfreulichem Ergebnis. Manchmal sehr frustrierend.

Es bleibt noch die Möglichkeit im Netz zu bewerten. Auch da bin ich sachlich und höflich, aber deutlich. Bisher musste ich nie eine Bewertung zurücknehmen, weil ich nur belegbare Aussagen tätige.

Alles kann Konsequenzen haben. Da muss man eben überlegen, was es einem Wert ist.

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Offenbar habe ich da zu wenige Zwinkersmileys angehängt.
(Ach ja … Humor ist halt ein sehr ernstes Thema)

Und zur Museumsinsel: Ich darf daran erinnern - bzw. den damals noch nicht im gelben Forum Aktiven erläutern - dass seinerzeit ICH es war, der freundlich (!!!) und sachlich, aber eben auch hartnäckig, von Teningen aus (!) erreicht hatte dass das Barfußverbot aufgehoben wurde.

Und dass das dann durch solch ein einheimisches (!) „Rumpelstilzchen“, dem das eben nicht gelungen war (warum wohl?), durch seinen anschließenden Auftritt dann wieder zunichte gemacht wurde.

Und auch Geschichte ist, dass ich beim Europa-Park leider nicht erfolgreich war.
Dort hat man mein Anliegen aber wirklich ernst genommen, und der negative Bescheid war für mich dann in seiner Begründung selbst zwar unbefriedigend, aber aus deren Sicht durchaus nachvollziehbar und damit auch von mir akzeptiert.

Nur um klarzustellen dass ich (in der Regel :wink: ) kein Rumpelstilzchen-Gen in mir habe…

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