Barfuß im Winter trainieren

Hallo ihr Lieben,

ich bin bereits seit meiner Kindheit Barfuß unterwegs, im Frühjahr, Sommer und Herbst ausschließlich. Mehrtagestouren, auch im Alpinen Gelände ( z. B. der Schladminger Höhenweg) sind in der Regel kein Problem für mich. Allerdings habe ich bislang noch keinen Weg gefunden, wie ich das „Training“ über den Winter aufrecht erhalten kann. Vielmehr ist es so, dass meine Füße über den Winter derart abbauen, dass ich etwa 2-3 Monate benötige, um wieder den Zustand vor dem Winter zu erlangen. Im März diesen Jahres konnte ich z. B. Nur noch 12 km Barfuß gehen, so stark hatten die Füße abgebaut. Sowohl die Fußsohle als auch die Sehnen und Muskulatur habe ich deutlich gemerkt.

Zum einen lebe ich in einer Großstadt, weshalb es mir einfach unangnehm ist im Winter Barfuß zu laufen und somit regelmäßig angesprochen zu werden, zum Anderen werden meine Zehen ab einer Temperatur von unter 4 Grad auch schnell taub, weshalb ich bislang von Dezember bis Februar immer zu Schuhen gegriffen habe.

Habt ihr ähnliche Probleme? Wie trainiert ihr eure Füße über den Winter? Ich würde mich über eure Tipps riesig freuen, denn gefühlt im Frühjahr immer wieder von vorne anzufangen, ist ziemlich frustrierend.

Ganz liebe Grüße
Andreas

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Ich kann da als Späteinsteiger seit 2018 nur für mich und v.a. für Alltags-bf in München sprechen, ich hab noch nicht allzuviele Erfahrungen mit den „härteren“ Touren im Gelände.
Was das „Angesprochen werden“ im Winter betrifft, hilft vielleicht nur Wurschtigkeit und Geduld. In MUC wird es tatsächlich meistens ignoriert, vielleicht auch nur, weil nicht sein kann, was nicht sein darf :grin: . Auf die naheliegende K-Frage sage ich wahrheitsgemäß dann, ja es sei kalt, aber es mache mir nix aus, dann ist das Gespräch meistens eh zuende oder jemand interessiert sich wirklich. Solang es bei mir zuhaus am Stadtrand leicht über dem Gefrierpunkt und in der Stadt drin dann die üblichen 3…4° mehr hat und nicht grad Schneeregen runterhaut, bin ich da auch oft bf unterwegs, der Spaß hört auf bei Streusalz oder exzessiv frischem, scharfkantigen Splitt. Das ist meine eigene Temperaturuntergrenze, je nach Wegstrecke und Tagesform auch noch Komfortgrenze - bin offenbar eher kältetoleranter als der Durchschnitt…
Wenn es kälter oder greislicher ist, dafür nehm ich dann, ohne daß mir ein Zacken aus der Krone bricht, Minimalschuhe wie die normalen Leguanos und kann dann über zusätzliche Socken bis zu warmen Winter-Leguanos eskalieren, und wenn draußen arktischer Winter ausbricht, dann ist Schluß und ich hab ganz normale, ggf. sogar schneeschuhtaugliche Winterstiefel.

Aus dem Training kommt bei mir nach einem längeren „richtigen“ Winter dann eigentlich nur die Verschleißtoleranz der Sohlen.

Ach ja, generell die K-Frage bekomme ich im Frühling oder an noch nicht so prickelnd schönen Frühsommertagen weit öfter als im „richtigen“ Winter.

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Hallo Andreas

Meine Devise war immer schon „einfach MACHEN“. Im Winter gut auf die Füsse hören und lieber zu früh als zu spät Minimalschuhe anziehen.
Wie andere hier habe ich die Erfahrung gemacht, dass es Wechsel braucht. Das heisst, loslaufen, und wenn die Füsse innerhalb von ca. 20’ nicht von sehr kalt auf kalt oder gar lauwarm wechseln, Minimalschuhe anziehen, oft reichen sogar Huaraches, da es die Bodenkälte ist, die Probleme macht (bei Schnee gern Neoprenfüsslinge, wie Taucher sie tragen). Schon 3 mm Gummi reichen, damit Füsse warm werden, sofern man sich bewegt, und man kann die Minimalschuhe wieder ausziehen. In der Stadt kann man, anstatt Minimalschuhe anzuziehen, auch mal in ein Geschäft. Wenn es nun barfuss weitergeht, hält man oft deutlich länger durch. Je mehr derartige Wechsel, desto besser wird’s, bei mir jedenfalls.
Hilfreich sind Wollstulpen un die Waden und möglichst auch um den Knöchel. Und Mütze auf dem Kopf.
Trotzdem scheint die Kälte das Empfinden zu kompromittieren. Ich habe schon mehrfach Kälteschäden gehabt, obwohl ich immer das Gefühl hatte, es fühlt sich immer noch OK an. Daher lieber vorsichtig sein.
Ich muss wegen einer schmerzhaften Narbe sehr oft Schuhe tragen. Mit Minimalschuhen baust Du viel weniger ab. Selbst die dicke Haut bleibt, wenn ich mit möglichst dünnen Sohlen unterwegs bin.
Die Kommentare gehören irgendwie dazu. Die Leute sind oft sehr interessiert, wenn man ihnen erklärt, wie man mit der Kälte umgehen kann.
Versuchs mal, wenn es kälter wird - und berichte!

Liebe Grüsse
Dorothea

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Glücklicherweise habe ich das problem des „Abbauens“ im winter nicht wirklich.
Dabei ist die täglich zurückgelegte strecke sicher geringer als im sommer und wenn es wirklich frost hat, ziehe ich auch was an. Wenn ich länger draußen bleibe, habe ich sonst festgestellt, dass sich die haut an den zehenspitzen abzupellen beginnt … was ich als beginnende erfrierung deute, auch wenn es noch nicht weh tut, weil tieferliegende hautschichten mit nerven nicht betroffen sind.
Bei neuschnee gehe ich gerne kurz raus, auch mehrfach täglich. Leider wird der schnee irgendwann grauslich überfroren, eher ein eispanzer, und macht dann auch keinen spaß mehr.
Hier ein schnappschuss aus dem februar (an sauberkeit kaum zu überbieten):


Bei knappen plusgraden und trockenem boden halte ich es mit wollstulpen bei ständiger bewegung draußen auch länger aus.

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Interessante Anfrage für einen beginnenden Sommer :rofl:

Einfach keine Schuhe anziehen :stuck_out_tongue_winking_eye:

Nein, sorry, das war Blödsinn. Ich wundere mich, dass Du so stark abbaust. Gehst Du in den drei Monaten überhaupt nicht mehr barfuß? Auch zuhause nicht? Oder wenigstens kurzeitig draußen, so einmal um den Block, 10 Minuten jeden Tag.

Eigentlich haben meine Vorredner:innen schon alles gesagt. Es ist auch wichtig, die Grenze zum Gefährlichen zu respektieren (Erfrierungen). Aber die Grenzen des Unangenehmen darf und muss man durchaus überschreiten, wenn sich was ändern soll.
Kneipp hat’s ja schon vor langer Zeit gewusst. Abwechselnd kalt und warm regt die Durchblutung an. Je nach Temperatur wirklich nur wenige Minuten, aber konsequent wiederholen. Meine Empfehlung: morgens 10min barfuß spazieren gehen, dann die Füße warm einpacken. Abends das gleiche. Wenn es zeitlich geht, auch mittags. Und nach ein paar Tagen/Wochen steigern, d.h. entweder auf 15-20min oder mehrere Wiederholungen des Wechselns.
Und ganz wichtig: immer dabei lächeln! :joy:

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Danke fur die vielen Antworten. Daheim gehe ich auch im Winter immer Barfuß, ich besitze nichtmal Hausschuhe, habe ich noch nie.

Aber ich bin über den Winter bislang nie Barfuß draußen gewesen und das scheint auszureichen, dass meine Füße dermaßen abbauen. Im vergangenen Winter war es sogar so, dass sich meine Füße „geschält“ haben. Barfußschuhe trage ich auch über dem Winter hinweg, aber die helfen mir auch nicht besonders stark im Training zu bleiben.

Ich werde eure Tipps berücksichtigen und im kommenden Winter mich mal langsam herantasten und mit wenigen Minuten anzufangen.

Ich glaube mein Hauptproblem ist vor allem das Angesprochen werden, aber darüber werde ich hinweg kommen, weil der Leidensdruck viel zu hoch ist, im Frühjahr wieder bei 30 Prozent anfangen zu müssen.

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Lieber Andreas,

Ich kann dich gut verstehen. Ich wohne auch in einer Großstadt und da gucken die Leute wirklich doof im Winter. Ich finde es besonders unangenehm in der U-Bahn, wenn man nicht mal in Bewegung ist.

Und ich denke auch, dass diese Großstadtleute nicht zu vergleichen sind mit den Menschen, die man in Bayern oder südlicher auf dem Land trifft. Zumindest sind es wesentlich mehr und es ist wesentlich unpersönlicher, was leider direkt mehr wertendes Verhalten impliziert. Hinzu kommt, dass man auch viel mehr ungebildeten Leuten begegnet, die vermutlich noch nie gehört haben, dass Barfußlaufen gesund sein kann. Mir wurden schon !mehrfach! Schuhe angeboten, die zum Beispiel noch jemand im Keller hatte, als Hilfsleistung, weil die Leute dachten ich hätte vielleicht kein Geld um Schuhe zu kaufen.

Das kann man natürlich alles mit Humor nehmen und drüber stehen, was ich auch immer versuche, aber irgendwo ist es auch eine Demütigung, die man erfährt. Die hebt die Hemmschwelle deutlich an, wenn man täglich in der Großstadt unterwegs ist.

Ich wünsche dir trotzdem viel Erfolg, mittlerweile traue ich mich auch schon mehr, bin allerdings nicht den ganzen Winter barfuß. Aber immer mal wieder je nach Gefühlslage hilft wahrscheinlich schon um den Fuß zumindest etwas im Training zu halten.

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Hi @coar,

Da verstehe ich Dich sehr gut. Ich selbst bin reiner Sommerbarfußläufer und fange erst seit Mai wieder mit dem Barfußlaufen an und merke, dass ich wieder von vorne „aufbauen“ muss, was die drei Hautschichten betrifft.

Die Benutzer*innen @Leonie und @nilius haben hier im Forum eine Akupressurmatte erwähnt, inspiriert durch @Eva und Wolfgang:

Ich selbst überbrücke die Zeit mit den Barfußschuhen Leguano aktiv. Das verhindert zwar nicht, dass die Hautschichten abbauen, allerdings hält es die Muskulatur beweglich.

Das ist verständlich. Mit dem Problem haben sehr viele zu struggeln. Hattest Du schon mal konkrete negative Erfahrungen gemacht?

Ich bin sicher, dass in Dir viel Selbstvertrauen steckt und du gut mit klarkommen wirst.

LG
stromkabelsalat

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Hi @Forbi,
das ist wie mit den Schoko-Weihnachtsmännern, die bereits im Sommer produziert werden und im September zum Verkauf stehen. Oder den Schoko-Osterhasen die bereits kurz nach Weihnachten produziert werden. :grin:

Aber im Ernst: Gerade jetzt, wenn reine Sommerbarfußläufer*innen wieder „von vorne anfangen“ müssen, wird vielen das fehlende Barfußlaufen im Winter bewusst und ich kann @coar daher gut verstehen, warum er gerade jetzt die Frage stellt.

LG
stromkabelsalat

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Liebe @Sien,
weil Du relativ detailliert Deine konkreten Erfahrungen mit Blicken und ungebetenen Angeboten von Gratisschuhen beschrieben hast, fielen mir dazu ein paar Anmerkungen und Tipps ein, wie Du vielleicht besser damit klarkommen könntest.

Es ist jetzt doch ein bisschen länger geworden als gedacht. Wenn Du magst und wenn Du Zeit hast, kannst Du Dir das in Ruhe durchlesen.

Ich denke, es ist auch für @coar und andere interessant, allerdings könnten individuelle Anpassungen erforderlich sein.

Der Nachteil von Blicken ist, dass es nur nonverbale Kommunikation ist. Du weißt also nicht, ob es positiv ist („Echt krass, dass die sich das traut. Die hat voll das Selbstvertrauen und ihr Körper hält viel aus.“ :star_struck:) oder negativ ist („Oh nein, 1 Verrückte.“ :scream:). Ich kann sehr gut verstehen, dass Du Dich unwohl fühlst, weil Du nicht weißt, wie die Blicke zu deuten sind und nicht ausschließen kannst, dass sie möglicherweise etwas Negatives bedeuten. Außerdem ist es generell für Menschen unangenehm, wenn andere Menschen auf Körperteile starren, auch wenn es positiv gemeint sein sollte.

Die Autorin eines von @tiptoe geposteten Zeitungsartikels, die testweise durch barfuß durch Berlin lief, bekommt wohl auch solche Blicke zu spüren:

Zieht mal die Schuhe aus, und ihr werdet sie sehen, die Blicke! Menschen ohne Schuhe sind verwirrt. Menschen ohne Schuhe wissen nicht, was sie tun. Sollte man jemanden rufen, der der armen Frau hilft? Womöglich ist es der Ekel vor dem Berliner Boden, der aus ihnen spricht.

Vielleicht hilft es zu wissen, dass Du nicht die einzige mit diesem Problem bist und Leidensgenoss*innen hast.

Ich selbst löse das Problem schlicht damit, in dem ich Blicke komplett ignoriere und mich nur auf das verlasse, was mir jemand verbal kommuniziert.

Dass es in der U-Bahn besonders unangenehm ist, kann ich sehr gut nachvollziehen. Da bist Du während der Fahrt wie in einem „Gefängnis“ mit den Leuten dicht gedrängt eingepfercht und kannst nicht einfach flüchten.

Ein Vorteil von U-Bahnen ist, dass diese in dichtem Takt und dichtem Haltestellenabstand fahren. Notfalls könntest Du an der nächsten Haltestelle aussteigen, kurz „verschnaufen“ und dann mit der nächsten U-Bahn weiterfahren. Das könnte Dein Problem vielleicht ein bisschen abschwächen.

Mit Leuten in der Großstadt habe ich so meine eigenen Erfahrungen. Beispielsweise - allerdings hatte ich da Schuhe an - begegnete ich einer Person, die mir unbedingt erklären musste, wie ich die Rolltreppe in der U-Bahnstation zu benutzen habe und gab mir ungefragte „Ratschläge“, wo es „gefährliche Stellen“ gibt, über die ich zu springen hätte. Als ob ich nicht selbst am besten weiß, wie Rolltreppen zu benutzen sind. Allerdings war besagte Person stark alkoholisiert und sie wirkte bildungsfern. Da ich mir bewusst war, dass ich die Person in meinem ganzen Leben wahrscheinlich nie wieder sehen werde, konnte ich den Vorfall abhaken. Ich kann zumindest bestätigen, dass man gerade in der Großstadt im ÖPNV die unterschiedlichsten Leute aus den unterschiedlichsten Bildungsgraden und Gesellschaftsschichten trifft, die sich auf die unterschiedlichsten Arten verhalten.

Das widerlegt eine viel zu positive Vorstellung von Großstadtmenschen, die ich in meiner Kindheit naiverweise hatte: Ich nahm an, das wären alles weltoffene tolerante Kosmopolit*innen die sich alle gegenseitig tolerieren, beispielsweise LGBT-Menschen und Menschen mit ausgefallenen Stylings, Frisuren und Body Modifications. Die gibt es sicher auch, aber leider nicht nur.

Die Vorstellung, dass es auf dem Land besser ist, klingt nachvollziehbar. Man könnte meinen, das sind alles naturverbundene Menschen und wegen der Naturverbundenheit würden sie die Motivation für Barfüßigkeit besser nachvollziehen können. Und man könnte denken, es kennt dort jede*r jede*n, weswegen man sich darauf verlassen könnte, dass man als Person korrekt eingeschätzt wird.

Allerdings hatte ich erst gestern, in (Nord-)Bayern auf dem Land lebend folgendes Erlebnis gehabt: Ich ging abends barfuß eine schwachbefahrene Straße entlang eines Windparks entlang. Nachdem ich den Spaziergang beendete und in mein Auto stieg, hielt plötzlich ein Polizeiauto neben mir an. Die Polizei wurde von einer Mitteilerin informiert, die mich barfuß entlanglaufen sah und sich Sorgen machte. Sie nahm mich vielleicht als „hilflose Person“ wahr, aber ich konnte die Polizei davon überzeugen, dass mit mir alles in Ordnung sei. Ich nahm die Polizei als sehr freundlich wahr. (Ein Hinweis für die älteren Forumsteilnehmer*innen: Ich machte also ganz andere Erfahrungen als Michael aus Zofingen :wink:).

Diese Erfahrung zeigt, dass man barfuß nicht nur in der Großstadt, sondern auch in Bayern auf dem Land als hilfsbedürftig wahrgenommen werden kann.

Zurück zur Großstadt:

Ich interpretiere Deine Aussagen zu Großstadtmenschen so, dass diese Dich wegen der Anonymität nicht persönlich kennen und teilweise wegen mangelnder Bildung sich der Vorteile des Barfußlaufens nicht bewusst sind. Diese sehen Dich dann barfuß und anstatt dass sie sich korrekterweise herleiten, dass Du beispielsweise verantwortungsbewusst auf Deine Gesundheit achtest, reimen sie sich irgendeinen Mist zusammen, etwa, dass Du verrückt bist, was natürlich sehr respektlos Dir gegenüber ist.

Besonders respektlos ist es, wenn andere Leute Dir Gratisschuhe anbieten, auch wenn es vermutlich gut gemeint ist. Aber gut gemeint heißt halt leider nicht gut gemacht. Diese Leute werten Dich fahrlässigerweise ab, weil sie Dir indirekt wegen Deiner barfüßigen Erscheinung meiner Meinung nach völlig zu Unrecht unterstellen, dass Du irgendein hilfloses schutzbedürftiges Opfer wärst ohne Geld für Schuhe.

Dabei ist aber in Wahrheit das krasse Gegenteil der Fall. Im Forum trittst Du sehr selbstbewusst auf. Du kannst Dir sehr wohl Schuhe leisten und besitzt auch ein paar Paare (Pun intended :stuck_out_tongue:). Aber gerade weil Du eben nicht schutzbedürftig bist, erlaubst Du Dir den Luxus, manchmal auf Schuhe zu verzichten, eben weil Deine Füße so strapazierfähig sind, dass sie eben auch ohne Schuhe mit Kälte und unangenehmen Untergründen gut klarkommen, während andere im Gegensatz zu Dir den Schutz der Schuhe benötigen.

Es ist wie bei Minimalist*innen, die in der privilegierten Lage sind, sich (fast) jeden Gegenstand kaufen zu können, aber bewusst darauf verzichten, weil sie ohne die jeweiligen Gegenstände besser klarkommen.

Die Entscheidung barfuß zu laufen ist eine bewusst von Dir privat gefällte Entscheidung, weil Du persönlich Dich wohler damit fühlst und Du verantwortungsbewusst auf Deine Gesundheit achtest, etwa um Rückenschmerzen und Hallux Valgus abzuschwächen. Du machst das nicht für andere, sondern für Dich selbst, damit Du Dich wohler fühlst. Andere hat das nichts anzugehen.

Du lieferst also meiner Meinung nach sehr viele Gründe, voller Respekt zu Dir aufzuschauen! Ich nehme an, die Leute in Deinem Umfeld, die Dich gut kennen, wie Dein Partner, Dein Sohn, Deine Freunde sehen das vermutlich häufig erst Recht so und drücken das auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen aus.

Aber auch andere Leute sehen das so. Im Forum hast Du an verschiedenen Stellen von positiven Erfahrungen berichtet:

Ich nehme an, Du hast sicher noch mehr solch positive Reaktionen bekommen. Es tut sicher gut und ist sehr ermutigend, diese zu bekommen.

Ich habe mir darüber Gedanken gemacht, wie Du diese positiven Reaktionen vielleicht nutzen könntest, um mit den negativen Reaktionen besser klarzukommen. Jeder Mensch ist individuell verschieden und ich weiß natürlich nicht, ob es Dir helfen könnte, ob es vom Zeitaufwand möglich ist und ob Du es vielleicht sogar schon kennst und ausprobiert hast.

Der Vorschlag, den ich mir ausgedacht habe, wäre, dass Du vielleicht eine Art „Tagebuch“ führen könntest, in welches Du jedes positives Erlebnis niederschreibst. Idealerweise schreibst Du noch ein paar Details dazu oder gestaltest es schön, je nach Vorliebe und Zeitaufwand.

Anhand der obigen Zitate könnte es dann beispielsweise so aussehen:

01.05.20xx
Das Wetter war schön. Ich bin die XY-Straße entlang gelaufen. Beim Restaurant XY begegneten mir zwei Damen mit Rollator. In bewunderndem Tonfall bemerkten sie meine Barfüßigkeit. Ich vernahm Wortfetzen “…ohh barfuß… wow…” “…ja, sehr gesund…”. Es fühlte sich sehr schön an.
02.05.20xx
Heute ich ein Seminar zum Thema XY im Vorlesungssaal XY. Ich bemerkte Kommilitonin XY, wie sie auch barfuß war. Damit hätte ich nicht gerechnet, aber es war ein sehr schönes Gefühl, dass jemand anderes es mir gleich tat.
03.05.20xx
In der Mensa XY in der XY-Straße aß ich Spargelcremesuppe. Ich unterhielt mich mit Kommilitonin XY. Sie gab an, dass sie echt Respekt habe. Ich habe mich über ihre Anerkennung sehr gefreut.

In das Tagebuch schreibst Du allerdings nur die positiven Erlebnisse rein. Wenn Du es schreiben möchtest, würde ich Dir empfehlen, jetzt schon im Sommer anzufangen, weil es Dir leichter fällt barfuß zu laufen und Du so die positiven Erlebnisse sammeln kannst.

Weil Du angehende Lehrerin bist, weißt Du sicher viel besser als ich, wie sich von Dir selbst niedergeschriebene Inhalte auf Dein Gehirn auswirken.

Nun könntest Du dieses Tagebuch immer wieder durchlesen, um die positiven Erlebnisse erneut zu „durchleben“, so dass sie wieder präsent in Deinem Kopf sind und Du positive Gefühle erfährst.

So startest Du entspannter in den Tag und hast weniger Angst davor, ob ein negatives Erlebnis kommt. Falls eines kommst, nimmst Du es auf Grund der positiven Gefühle entspannter entgegen. Und nach einem negativen Erlebnis kannst Du durch erneutes Durchlesen die negativen Gefühle durch positive kompensieren.

Ich war natürlich, als Du diese negativen Erlebnisse erlebt hast, nicht dabei, daher weiß ich logischerweise nicht, wie Du darauf reagiert hast.

Ich weiß, dass viele Menschen - und da können die noch so selbstbewusst sein - einfach erschrocken sind und gar nichts sagen. Das ist eine völlig normale und nachvollziehbare Reaktion. Das ist einfach eine Schockstarre, ein Überlebenstrieb aus der Steinzeit. Diese Reaktion sagt jedenfalls nichts über das Selbstbewusstsein aus.

Ich habe mir überlegt, wie Du Dich besser aus der Dir völlig zu Unrecht zugewiesenen Opferrolle herausemanzipieren könntest. Ich weiß allerdings nicht, ob Du es so ähnlich schon mal probiert hast und es schon kennst:

  1. Eine Person bietet dir Gratisschuhe an.

  2. Zunächst bleibst Du ruhig und atmest tief durch. Das hat mehrere Funktionen: Du kannst einen möglichen Schock besser verarbeiten, deine Gefühle in Ruhe sortieren und dann Dir erneut kurz ein positives Erlebnis aus dem Tagebuch ins Bewusstsein rufen, damit Du Dich im Augenblick der Situation besser fühlst. Außerdem strahlst Du für Dein Gegenüber Ruhe und Selbstvertrauen aus, quasi ein Teil der Emanzipation.

  3. Du antwortest freundlich aber bestimmt mit entspanntem Tonfall:

    Ich weiß Ihre Hilfe sehr zu schätzen, aber ich besitze bereits mehrere Paar Schuhe und ich habe mich bewusst dazu entschieden, barfuß zu laufen, weil ich sehr gut damit zurechtkomme und mich so wohler fühle.

    oder alternativ kürzer

    Ist ja nett von Ihnen, dass Sie mir Schuhe anbieten, aber ich besitze welche, brauche sie aber gerade nicht.

    Das Gegenüber nimmt Dich als freundlich wahr und jemand der freundlich ist, kann nicht verrückt sein. Du zeigst dem Gegenüber, dass Du die Hilfe ablehnst, wodurch Du selbstbewusst wirkst und es ist ein weiterer Teil der Emanzipation. Verstärkt wird das dadurch, in Du gegen Ende des Satzes implizierst, dass Du den Schutz der Schuhe gar nicht benötigst.

Idealerweise wird das so vom Gegenüber, wenn es vernünftig ist, akzeptiert. Falls nicht, sagt das mehr über das Gegenüber aus (das sich somit selbst demütigt), als über Dich selbst.

Du kennst vermutlich den Barfuß-Leitfaden von Wolfgang. Diesen könntest ausgedruckt mitzuführen, um es - falls möglich - dem Gegenüber auszuhändigen. So dürfte es leichter zu überzeugen sein, dass es viele Menschen gibt, die freiwillig barfuß laufen und dass es gesund ist, ohne dass Du groß herumdiskutieren musst, warum Du das jetzt machst.

Die folgenden Vorschläge sind eher präventiver Natur:

Du könntest den Fußschmuck tragen. Bisher hattest Du ihn ja noch nicht im Winter getragen. Mit ihm drückst Du aus, dass Du aus vollkommen eigenständiger Entscheidung ohne Notsituation heraus barfuß läufst. Das könnte Gratisschuhangebote abschwächen. Allerdings weiß ich nicht, in wie weit er resistent gegen Schnee und Matsch im Winter ist.

An anderer Stelle hast Du geschrieben:

Es ist also für Außenstehende bereits sichtbar, dass Du bereits in Besitz von Schuhen bist. Es ergibt also keinen Sinn, welche anzubieten. Falls es mit Flip-Flops nicht funktionieren sollte (weil es halt keine festen Schuhe sind), könntest Du versuchen, die geschlossenen Barfußschuhe in irgendeiner Form sichtbar zu tragen (in der Hand oder du findest eine Lösung, es auch am Rucksack zu befestigen). Vielleicht hilft das besser.

Abschließend noch Kompliment an Dich, dass Du Dich dazu überwunden hast, zumindest teilweise im Winter barfuß zu sein! Offensichtlich kannst Du bereits jetzt einige der Abwertungen gut an dir abperlen lassen. Dich schrittweise zu steigern ist ein sinnvoller Weg. Du hast bereits jetzt an Selbstbewusstsein und Stärke dazugewonnen und ich bin mir sicher, dass Du das weiter ausbauen kannst. Ich wünsche Dir viel Erfolg dabei!

LG
stromkabelsalat

Auf Schuhangebote sag ich immer fröhlich „ich brauche keine“, auf die Kältefrage (habe ich oben schon angedeutet), wenn es denn wirklich kalt ist, „ja, natürlich ist kalt, aber es macht mir nichts aus“. Das ergibt nach meiner Erfahrung meistens nix oder wenn doch, überwiegend interessierte Gespräche. Gelegentlich hinterlasse ich die Fragesteller*innen fassunglos/perplex, aber damit komm ich gut zurecht (5% Bürgerschreck aka gelebter Nonkonformismus in meinem Motivationsmix). Wenn mich manche Leute dann für verrückt halten wollen, damit komme ich auch gut zurecht.
Polizeikontrollen ziehe ich gefühlt zwar mehr an als irgendein Durchschnittsnormalmensch mit Schuhen und sie machen mich aus anderen Gründen gelegentlich recht nervös, aber richtig besorgt über mein Wohlergehen als Barfüßler schienen die nie, allenfalls die Frage, ob alles OK ist, dann weiß ich schon, zumindest im Herbst oder Winter, auf was die rauswollen, dann sag ich gleich, daß sie sich keine Sorgen machen müssen, ich bin bewußt und freiwillig im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte bf. Mitnehmen wollten die mich noch nie deswegen.

PS.: @Sien, @Leonie, ich weiß nicht, ob Ihr irgendwo geschrieben habt, um welche Unis es bei Euch geht, ich kann nur von München generell sprechen (weitgehend problemlos ganzjährig in Läden, ÖPNV etc.) und das insoweit auch auf die Unis übertragen, weil ich da bei öffentlichen Vorträgen und gelegentlich auch als „Bote“ im Auftrag meiner studierenden Tochter diverse Male drin war. Ich kann sie mal fragen, inwieweit ihr barfüßlige Studis aufgefallen wären. [edit] sie meint, nicht bewußt, aber sie achtet da nicht so drauf. Wahrscheinlich, weil sie’s wegen mir als selbstverständlich/nix besonderes/scheißegal kennt…

PPS.: In MUC auf meinen gewohnten Gängen habe ich eigentlich, wenn es nicht hart an meiner persönlichen Kältegrenze ist, nur noch allerseltenst Notschuhe dabei, geschweige denn, daß ich sie absichtlich sichtbar „an Mann“ mitführe.

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Mit „der Polizei“ hatte ich zuletzt eine absolut menschliche Begegnung.
Auf dem letzen Weihnachtsmarkt wurde ich nämlich von einer jungen Polizistin angesprochen.
Sie hätte es auch schonmal barfüßig probiert, käme aber mit den Untergünden und der Kälte nicht klar.
Im allgemeinen habe ich noch das altmodische Bild vom „Freund und Helfer“ im Kopf, darum begegne ich hiesigen Polizeibeamt*Innen zuerst immer positiv gestimmt (In manchem Nachbarland sieht es anders aus).
Wenn ich dann gelegentlich (eigentlich immer begründet) auf ein Fehlverhalten hingewiesen wurde, geschah das zum Glück immer freundlich.

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Das ist ja auch „inoffizielle“ Ansprache, so wie sonst auch wildfremde Passant*innen mit Neugier und dem Mut, Dich anzuquatschen. Mein häufigstes Zusammentreffen mit den Damen und Herren in dunkelblau in Ausübung ihres Amtes sind spätabendliche Kontrollen v.a. an Bahnhöfen.

Bei meiner Erfahrung am Dienstag abend hat sich dieses Bild bestätigt.

Ah genau!
Dein Beitrag war für mein kleines Seniorengehirn :brain: offenbar zu lang, um konzentriert bis zum Ende zu lesen :wink:
Aber genau das ist es wohl: auch ich hatte den Großteil meiner positiven Erlebnisse (nicht nur, aber auch, bezogen auf die Barfüßigkeit) in der heilen Welt der Kleinstadt.
Ich gehe davon aus, dass die Beamt*Innen in diesem Umfeld seltener mit Situationen konfrontiert werden, in denen sie glauben, unangenehm auftreten zu müssen.

Am Essener oder Düsseldorfer Hauptbahnhof (diese beiden kenne ich einigermaßen) laufe ich weder gerne nachts barfüßig durch noch würde ich dort als Polizist Dienst tun wollen.

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Ich neige gerne zu Ausschweifungen, versuche aber, wenn möglich, senior*innenfreundlicher zu schreiben.

In meinem Fall, wo sie zunächst von einer hilflosen Person o. ä. ausgingen, war so oder so kein Bedürfnis vorhanden, unangenehm auftreten zu müssen.

Nicht nötig, ich sollte mir abgewöhnen, übermüdet noch im Forum zu lesen! :yawning_face: :sleeping:

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Bei bestimmten Polizeieinheiten scheint unangenehmes Auftreten in egal welcher Situation explizit zur Stellenbeschreibung zu gehören. Wenn gerade in Großstädten das Zusammentreffen mit überwiegend solchen Einheiten stattfindet, justiert sich das eigene, herzlich subjektive Bild vom „Freund und Helfer“ entsprechend. Es ist manchmal ein - Neudeutsch - „eye opener“ für andere Leute, die z.B. am Rande großer, angemeldeter Demonstrationen das erste Mal mit solchen Einheiten zusammentreffen.

Sorry, wird OT.

Zu dem Thema muss ich gestehen dass ich auch gerne im Winter barfuß bleiben möchte aber leider kein Freund der Kälte und somit eher ein weichei bin😅

Im Haus bin ich sowieso immer barfuß, im winter mal eben zum Briefkasten oder Mülltonne auch ok aber auf längere Zeit irgendwie no way.

Es bremst mich zugegebenermaßen auch so bisschen die Reaktion der Leute bzw das eigene Kopfkino oder sollte ich es mangelndes Selbstbewusstsein nennen :person_shrugging:
In Begleitung würde ich mich da sicher mehr trauen zumindest bis zu dem Punkt wo es dann unangenehm wird aber leider hatte ich da noch keine Gelegenheit das zu testen :roll_eyes:

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Das mit der Frage ob alles OK ist kenne ich als Münchner auch. nach einer Silvesterfeier früh um 4 lief ich den Gehweg barfuß entlang. Neben mir bremste ein Streifenwagen " Gutes Neues! Brauchen Sie Hilfe?? Wurdest Du beraubt?" fragte gleich die Kollegin am Steuer. Ich versicherte das alles Ok ist und ich in 50 Meter zuhause bin. Da ich den ganzen Abend nur 1 Glas Sekt getrunken hatte war ich wohl auch nicht irgendwie auffällig. Sie fuhren dann einfach weiter.

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