Barfuß-Kurzreise nach Mannheim

Ich habe mich wieder für drei Nächte im NYX-Hotel in „Istanbul“ (ja, so heißt das Mannheimer Viertel - sehr zutreffend - wirklich!) eingemietet um erneut das „Technoseum“ zu besuchen, denn es braucht wirklich mehrere Tage wenn man sich auf alles einlässt was dort geboten wird.
Im April war ich bereits schon einmal dort, und diesmal wurde ich zu meiner Verblüffung an der Kasse gleich begrüßt mit den Worten „Oh, sie sind wieder da - wie schön!“
(Und es lag nicht an meinem Gesicht) :wink:

Im Museum fiel ich dann einer der Museumsbediensteten auf, die sehr begeistert reagierte und noch zwei andere Mitarbeiter auf mich aufmerksam machte („schauen sie mal - der Mann ist BARFUß!“), so dass ich letztlich um einen „kleinen Vortrag“ nicht drumherum kam.
Sehr sympathisch…

Berührt hat mich dann am Abend ein anderes Erlebnis in der Straßenbahn: Eine mittelalte Dame - offensichtlich aus dem Osten - fragte mich ob ich keine Schuhe hätte. Als ich verneinte bot sie mir sofort Geld an damit ich mir welche kaufen könne.
Ich erklärte ihr dann dass ich aus Überzeugung barfuß bin und über genügend Mittel verfüge um mir Schuhe und mehr leisten zu können. Und verwies dann zudem noch auf meinen Sweater mit den abgebildeten Fußabdrücken und der Aufschrift „FUß-GÄNGER“
Obwohl ich ja nun wirklich gepflegt daher komme war sie irgendwie nicht so recht zu überzeugen dass ich das nicht aus Not mache - es war wohl für sie unvorstellbar dass man das freiwillig macht.
Ich habe mich jedenfalls herzlich bedankt für ihre Fürsorge und dass ich von ihrem Angebot sehr berührt, aber wirklich schuhlos glücklicher sei.
Irgendwie sind wir dann beide etwas irritiert - jede/r auf eigene Weise - wieder unserer Wege gegangen …

Anmerkung: Dieses Viertel ist wirklich durch und durch „Istanbul“. Interessant war dass ich völlig problemlos auch dort in diversen Restaurants (und nicht etwa Dönerbuden) barfuß herzlich willkommen war und vorzüglich gespeist habe.

Mannheim ist irgendwie auch ein wenig irritierend, diese Mischung aus Mulitikulti, Armut und Reichtum.
Ich habe nirgendwo so viele Bettler gesehen, nirgendwo aber auch gleich daneben Schaufensterauslagen bei denen man sich an den Kopf fasst: eine ganze Reihe von Armbanduhren zu Preisen zwischen 12000 und 15000 Euro, darunter jede Menge anderer - und keine unter 5000 Euro, ich habe mal überschlagen dass da der Gegenwert von fast einer Million ausgestellt war ! Wer kauft denn sowas ???

Im Übrigen teile ich Harald’s Auffassung dass Reisen mit „Notschuhen“ für mich (!) auch garnicht geht - dann fehlt mir eben dieses wahre Freiheitsgefühl.
(Ich nehme ja auch keine Hosenträger mit falls mal der Gürtel reißen sollte ;-))

Ach ja - und katastrophal war nur - wie schon auf der letzten Reise - wieder mal die Bahn!!!
Erneut waren auf der gesamten Strecke in beiden (!) Zügen sämtliche (!) Toiletten außer Betrieb, so dass ich notgedrungen zwischendrin aussteigen musste und natürlich dadurch viel später als geplant zu Hause ankam. Und im „Service-Point“ in Karlsruhe war man nicht bereit mein „Beförderungslos“ auf den nächstmöglichen Zug umzuschreiben !

Ich kann euch sowohl das" Technoseum" in Mannheim als auch die „Experimenta“ in Heilbronn sehr ans Herz legen. Übrigens auch das „Technorama“ in Winterthur sowie das „Verkehrshaus“ in Luzern.
Alle problemlos barfuß zu erleben und jeweils eine (mehrtägige) Reise wert.

7 „Gefällt mir“

Ein sehr schöner Bericht.

Nach meinen Recherchen wird tatsächlich ein kleiner Bereich Little Istanbul genannt. Das ist wohl der Bereich, den du meinst. Warum es so genannt wird hast Du ja später erklärt.

Offiziell befindet sich das Hotel nach meinen Recherchen in F4, einem Quadrat der Mannheimer Innenstadt.

Das scheint Barfußläufer*innen leider öfter zu passieren. Du hast aber sehr gut reagiert. Sehr schade, dass sie sich, obwohl Du alles richtig gemacht hast, nicht überzeugen ließ.

Diese Situation hatte ich 1 zu 1 auch schonmal, nur, dass die Frau mir Schuhe aus ihrem Keller angeboten hat anstelle des Anbietens von Geld. Außerdem war diese Frau meine Nachbarin (ein paar Häuser weiter), was mir schon etwas unangenehm war. Andererseits müsste sie sich mittlerweile daran gewöhnt haben.
Achso - und zusätzlich wollte sie mich auch noch davon überzeugen, dass es sehr ungesund sei barfuß zu gehen, wobei ich sie von dem Gegenteil überzeugen wollte. Auf einen gemeinsamen Nenner sind wir leider nicht gekommen, es war aber auch seit dem kein Thema mehr.

1 „Gefällt mir“

Wenn mir jemand schuhe anbietet, kann ich als 47-48er ohne hinsehen in aller regel sagen, dass sie mir eh nicht passen. Gilt auch für gästepantoffeln und dergleichen.

1 „Gefällt mir“

47 bis 48 ist schon nicht schlecht :slight_smile: Ich bin jetzt bei 46(+) gelandet, vor meiner konsequenteren Barfußzeit hatte ich 44-45. Die Füße sind muskulöser und wohl auch breiter geworden. Hat sich bei dir auch die Größe verändert?

Da fällt mir eine lustige Anekdote aus dem Gelben ein - leider finde ich es nicht mehr, war wohl im internen Bereich?!
Ein Barfüßer (ich weiß leider nicht mehr, wer es war) hatte eine Begegnung mit einem älteren Mann, dabei entstand sinngemäß folgender Dialog:

Mann: „Barfußgehen ist ungesund, davon bekommt man Hühneraugen!“
Barfüßer: „Ach wirklich, das glaube ich nicht!?“
Mann: „Doch, doch, ich kenne mich damit aus, ich habe ständig Hühneraugen.“
Barfüßer: „Gehen sie denn so viel barfuß?“
Mann: „Ich? Niemals, nur zum Schlafen…“
Barfüßer: :roll_eyes:

Manche Menschen wollen es einfach nicht verstehen.

Mir wurde übrigens auch schon mal Hilfe angeboten, als ich im Winter barfuß im Supermarkt an der Kasse stand. Eine Frau, die offenbar viel mit Obdachlosen zu tun hat, erkundigte sich nach meinem Wohlbefinden. Nachdem ich ihr versichterte, dass ich das bewusst und freiwillig tue, sagte sie nur: „ich habe schon alles gesehen“. Das finde ich eher traurig als lustig. In solchen Momenten fühle ich mich beschämt und mir ist bewusst, welchen Luxus das freiwillige Barfußgehen darstellen kann.

3 „Gefällt mir“

Es war 1 öffentlich einsehbarer Beitrag von OnkelWanja.

Im Wort „Hühneraugen“ ist mit „ü“ ein Umlaut enthalten. Gibt man Wörter mit Umlaut als Parameter in der Suche bei ForumRomanum ein, werden leider nicht alle Beiträge angezeigt. Daher habe ich den Suchparameter auf eine Zeichenkette ohne Umlaut verkürzt, in dem Fall „hneraugen“ und der Beitrag wurde mir angezeigt.

Dann war bei ihr die Motivation beruflich bedingt aus der Routine heraus.

3 „Gefällt mir“

Ah danke! Dann hatte ich den Dialog ja noch ziemlich gut im Kopf :wink:
Das mit den Umlauten habe ich mir schon gedacht. So ein Schrott! Forumromanum wird seinem antiken Namen immer mehr gerecht :stuck_out_tongue:

1 „Gefällt mir“

6 Beiträge wurden in ein existierendes Thema verschoben: Umgang mit geschlossenen Zugtoiletten

Ähnliches ist mir übrigens auch mal im Winter in Wiesbaden passiert. Diese Dame gehörte aber sichtlich eher der gehobenen Schicht an und war dann ziemlich sauer als ich ebenso freundlich ablehnte.
Ich vermute dass ihre Motivation nicht wirklich Besorgnis war …

Ach ja, am Rande: Auch scheinbar (!) gut Gemeintes kann in Wahrheit - ob gewollt (man kennt das ja von Arbeitszeugnissen) oder unbewusst aus einer inneren Einstellung heraus - versteckte Unverschämtheit sein

Als ich seinerzeit einige Monate in einer Klinik war hängte ich meine Wäsche im Trockenraum auf. Eine Frau beobachtete mich interessiert und meinte dann „anerkennend“:
„Sie machen das aber auch nicht zum ersten Mal!“

Damals fasste ich das als Kompliment auf.

Heute ist mir klar dass das unterschwellig hieß: „Sehr ungewöhnlich ! Für einen Mann (!) stellen sie sich aber gar nicht so blöd an!“

Oder auch hin und wieder gehört - im Bezug auf meine Barfüßigkeit: „Na ja, es kann ja jeder machen wie er will…“
Und da ist es der Ton und der herablassende Gesichtsausdruck der Bände spricht (gemeint ist wohl in diesem Fall „leider…“).
Und nicht etwa Ausdruck der Toleranz.

Aber das sind jeweils sehr seltene Reaktionen!

NB: Am Samstag, dem 19. August bin ich auf SWR 3 BW wieder mal zu sehen, diesmal im Rahmen der Sendereihe „Menschen und Momente“ . So ist jedenfalls die Planung wie sie mir mitgeteilt wurde.

2 „Gefällt mir“

5 Beiträge wurden in ein existierendes Thema verschoben: Geschlechter und Diversity

Hab in Ladenburg, zwischen Mannheim und Heidelberg, 37 Jahre gelebt. Mannheim ist wirklich speziell. Das Museum taugt. Und „little Istanbul“ ist auch cool. Wobei es dort auch Chinesen, Inder, Thailänder, Koreaner usw. gibt, je nachdem was man mag. Alles auf einen Recht kleinen Areal.