Warum Schuhe so normal sind (und es vermutlich bleiben)

Wie gesagt: die influenzer verdienen an Werbung für Produkte oder am Verkauf. Barfußschuhe könnten da ein Punkt sein. Aber das Problem dabei ist, das man keine Features wie Dämpfung anpreisen kann und letztlich ziemlich wenig, ziemlich einfaches Material reicht. Gute Barfußschuhe sehen vorne aus wie Flossen (breite Zehenboxen) oder erinnern an Hobbits. Die waren allerdings auch ohne Schuhe unterwegs. Sandalen, ohne Socken, auch nicht so der Luxusartikel.

Man braucht ja nur Füße. Zubehör ist eher die Ausnahme, wenn man das ein bisschen ernst nimmt. Notschuhe oder welche für Schnee, Eis und Salz. Sicher haben einige im Alltag auch noch normale Schuhe oder Sicherheitsschuhe.

Nackte Füße hab ich aber selbst und muss die nicht kaufen. Harnstoffcreme gibt’s für ein paar Euro. Bimsstein ist auch nichts neues.

Also wenig interessant vom Verkaufsblickwinkel. Und halt auch wenig sexy, für viele. Die Vorteile muss man sich erarbeiten und hat trotzdem an vielen Stellen zu kämpfen, wo selbst billige Schuhe den Untergrund lässig entschärfen.

Nein, wer barfuß geht ist ein bisschen bekloppt. Was ich persönlich positiv verorten würde.

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Möglicherweise habe ich hier ein Kichern zwischen den Zeilen vernommen …

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Willst du normal sein ?
Oder glücklich ?

:wink:

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Nun ja, influencer verdienen an einer Kombination von views/likes und Product-Placement. Das Product-Placement kann durchaus auf etwas anderes als Kleidung bezogen sein, z.B. Hotels, Restaurants, Kreditkarten, Mobiltelefone, etc. D.h. ein barfüssiger Influencer verdient zwar nichts im Bereich Fussbekleidung, kann aber durchaus mit anderen Gütern/Dienstleistungen gut verdienen.

Einer der wenigen Influencer, den ich persönlich kenne, verdient hauptsächlich an Kreditkarten. Er ist zwar nicht barfuss, hat aber gemäss eigenen Angaben noch nie einen cent mit Schuhen verdient …

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Ich war nie normal, obwohl ich es lange versucht habe. :wink: normal sein ist, wenn man es ist, vermutlich einfacher. Keine Konflikte, nicht auffallen.

Mein Glück kommt bei mir sicher nicht in erster Linie durch barfuß gehen, aber es ist dadurch einfach runder geworden.

Die Füße haben so viele Nerven und im Gehirn ist ein großer Bereich dafür zuständig. Jetzt hat der was zu tun und ich merke, dass es gut ist.

Es bleibt halt fraglich, ob die Darstellung ohne Schuhe eine Symbolik ist oder Fakt. Auch die Kleidung dürfte bei Kindern eines Zimmermann vielleicht eher nicht besonders gut gewesen sein? Auch nicht arm.

Hat jemand ein paar echte Fotos der Zeit bitte? :wink:

Als Kunsthistorikerin senfe ich nun auch mal dazu.
Im 14. Jahrhundert kommt in der Kunst eine Strömung auf, in der es um Realismus geht. Da werden lustige Dinge gezeigt, wie z.B. dass das Jesuskind auf dem Schosse Mariens die Ärmchen nach dem Glitzerzeugs ausstreckt, das ihm die drei Könige bringen, oder dass das Jesuskind, als der Priester es im Tempel zur Beschneidung wegträgt, sich zur Mama zurückdreht. Emotionen werden gezeigt, was vorher nicht der Fall gewesen war. In der Zeit kommt auch die Dreidimensionalität auf. Je realistischer, desto besser: Das weckt Emotionen bei den Betrachtenden, und das stärkt Andacht und Gebet. Und das wiederum ist dem Seelenheil zuträglich… ich weiss, das ist alles sehr kurz erklärt, aber es zeigt, dass im 14. und 15. Jahrhundert Bildquellen durchaus viel von der damaligen Realität zeigen. So sieht man beispielsweise in den Très riches heures des Duc de Berry (ein durch die Gebrüder Limburg reich ausgemaltes Stundenbuch) in den Monatsdarstellungen Juni und Juli Landleute, die mal barfuss, mal beschuht arbeiten.
Das Lexikon des Mittelalters - ein Standardwerk - hat keinen Eintrag zum Thema barfuss, was zeigt, das das Thema kaum erforscht ist. Es schreibt zum Thema Schuhe, dass Schuhe der Oberschicht aufwändiger und oft reich verziert waren, über die Txpen von Schuhen und deren Entwicklung - und dass der Bundschuh die Fussbekleidung der Bauern und armen Leute war. Schuhmacher sind 1128 in Würzburg nachweisbar, auch in Trier und Strassburg lassen sich um die Zeit Schuhmacher nachweisen - das heisst, in den Städten war Bedarf an Schuhen da. Zunftbelege häufen sich ab dem 14. Jh. und im späten Mittelalter gab es sogar zu viele Schuhmacher, man unterschied sogar zwischen Alt- und Neuschuhmachern. Letztere verwendeten nur gebrauchtes Leder und reparierten altes Schuhwerk. Das bedeutet, dass wohl doch die Mehrheit der Menschen Schuhe getragen hat.

Sven, Dich an tiefere Temperaturen gewöhnt man sich, indem man es einfach MACHT. Unsere Alphütte kann nur in einem Raum bejeizt werden. Ich koche also u.U. bei Temperaturen um 4 Grad und friere eigentlich nur am ersten Abend. Dann hat man auch viel Hunger. Bereits am 2. Abend brauche ich meist keinen dicken Pullover mehr, man gewöhnt sich dran. Wenn man nicht aktiv ist, friert man dann allerdings schnell mal. Es ist wichtig, genügend warme Pullover oder Wolldecken zu haben, in die man sich kuscheln kann, wenn man dann z.B. lesen möchte. So bleibt man schön warm, auch wenn kühle Temperaturen um die 10 Grad im Raum herrschen.
In der Alphütte bin ich selten barfuss: Die Bodenkälte ist gross und steigt in den Körper auf… sehr unangenehm. Am Herd bewege ich mich auch nicht wirklich. Dann kommt noch die Zugluft dazu. Bin ich jedoch aktiv und draussen geniesse ich es barfuss.

LIebe Grüsse
Dorothea

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Danke für die umfangreiche Antwort.

Ich laufe auch jetzt, bei Schnee, jede kleinere Strecke gerne barfuß. Oft nur wenige Meter, manchmal ein paar hundert. Das ist schön, auch wenn ich noch nicht den Eindruck habe, dass sich meine Reichweite verbessert. Aber ich vermute, dass das eh länger dauert.

Mit der Kleidung bin ich noch nicht so weit. Ich hab es gerne warm am Oberkörper. Beine sind nicht so empfindlich.

Schuhe waren vermutlich für viele in Nordeuropa völlig normal. Jedefalls einen großen Teil des Jahres und Erwachsene. Einfache Schuhe. Mehr Minimalschuhe als das was heute Schuh genannt wird …

PS:Ich habe den Eindruck, es ist ein Privileg, das wir uns das aussuchen können. Barfuß ist sicher gesund, wenn man sich nicht verletzt. Es ist schön, wenn man Zeit hat es zu genießen. Wir können uns Schuhe leisten und haben überwiegend mehr als genug davon, falls es für den Schutz oder aus anderen Gründen Schuhe braucht. Flucht und Kampf sind nicht unser Alltag. Gefährliche Schlangen gibt es hier keine. Es ist im Gegensatz zu anderem Luxus nur viel günstiger zu haben.

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Ergänzend dazu gibt es eine Reihe von Erzählungen von Till Eulenspiegel, die mit Schuhen zu tun haben. Das spielt ja gegen Ende des 15. Jh. und es geht dort nicht nur um Schuhe reicher Leute, sondern auch um das ganz normale Volk, z.B. in der 4. Historie, wo er als Seiltänzer rund 200 linke Schuhe von Schaulustigen einsammelt und verknotet. In der 43. Historie richtet er großen finanziellen Schaden bei einem Schuhmacher an, indem er viel Leder zu Tierformen zuschneidet. In der darauffolgenden Historie 44 narrt er denselben Schuhmacher erneut und die 71. Historie handelt von einem Stiefelmacher, der versucht Till hereinzulegen, indem er Tills Stiefel ruiniert, aber am Ende selbst den größeren Schaden hat.

Diese Stellen belegen auch, dass es im Mittelalter durchaus üblich war, Schuhe zu tragen, auch bei Leuten, die nicht besonders reich waren. Vermutlich sind die Leute aber pfleglicher mit den kostbaren Schuhen umgegangen und haben sie vielleicht auch nicht ständig getragen, um sie zu schonen.

Nachweise zum Barfußlaufen habe ich bei Till Eulenspiegel nicht finden können. Das Wort „barfuß“ kommt im Originaltext nicht ein einziges Mal vor.
Der einzige Zusammenhang, den ich finden konnte, ist der, den ich selbst konstruiert habe… :roll_eyes:

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Die Tatsache, daß neben „Müller“, „Meier“ auch „Schuster“ ein extrem häufiger Familienname ist, paßt auch zur historischen Tatsache, daß es ziemlich viele in dem Handwerk tätigen Menschen gab, mehr als nur für den Hochadel. Und zu der ganzen Frage, ob die „arbeitende Normalbevölkerung“ regulär eher beschuht unterwegs war, siehe auch mein Gespräch mit den Leuten im Fotevikens-Museum (experimentell-archäologisch motiviertes Wikingerdorf in Schweden), das ich im gelben Forum dokumentiert habe: Wikinger und Schuhe - Archiv: Hobby? Barfuß!, Fazit: Die Leute haben überwiegend Schuhe getragen, weil sie sich im Gegensatz zu heute keine Verletzungen leisten konnten, und diese Art Schuhe war auch kein Luxus, weil Tierhäute und Leder im Gegensatz zu gewebten Textilien ein einfach verfügbares, robustes Ausgangsmaterial waren.
Siehe auch die Threads hier:

Zusammegefaßt könnte ich wieder mal sagen, „unsere“ Spielart von bf vs. beschuht ist eine ziemliche Luxusfragestellung… :sunglasses:

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Anders gesagt: es wäre sicher nicht falsch, wenn wir wenigstens einfache Leder-Minimal-Schuhe hätten. Mokassin mit weicher Ledersohle, z. B. Im Winter vermutlich mit Fell oder Moos gedämmt. Je rauer der Untergrund, je fester die Sohle. Oftmals Sandalen.

Das wäre mutmaßlich nahe an dem, was die Menschen über Tausende Jahre getragen haben. Zumindest dort, wo barfuß aufgrund des Klima und der Lebensweise nicht immer möglich waren.

Was aber nicht heißt, dass wir nicht trotzdem barfuß gehen dürfen. :wink: ein Luxus, den ich mir jetzt gönnen werde.

Auch noch ein Punkt, den meine Frau gebracht hat:

Ohne Schuhe schaue ich mehr auf den Boden vor mir. Muss ich auch, weil ich Verletzungen durch Dornen, Steine oder Müll vermeiden will.

Das ist nicht schlimm, aber der Blick geht so weniger in die Ferne. Ich kann nicht „Hans guck in die Luft“ spielen, wenn ich keine stabilen Schuhe anhaben. Speziell Wanderschuhe verzeihen es, wenn man nicht perfekt auftritt. Mir ist aufgefallen, dass ich z.b. mit Wanderschuhen, oft ganz absichtlich den Bereich zwischen Verse und Ballen belaste. Das ist barfuß keine gute Idee, weil im Gewölbe die Haut dünner ist und die Faszie unwillig, bei starkem Druck.

Also entscheide ich mich bewusst anders zu gehen und anderes achtsam zu sein. Ich bleibe möglicherweise öfters stehen, wenn ich beobachten möchte. Ich bin langsamer dadurch. Dazu kommt, dass ich als Anfänger sowieso noch nicht so abgehärtet bin, wie ich es vielleicht in 1-2 Jahren sein werde. Diese Übungsphase ist erst einmal ein Nachteil. Ich reduziere anfangs auf jeden Fall meine Möglichkeiten.

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Ja, Schuhe verzeihen mehr und man kann mehr in die Gegend gucken. Das kann ein Vorteil sein, aber auch ein Nachteil.
Barfuß bin ich gezwungen, achtsamer zu sein, um keine Verletzungen zu riskieren. Das Risiko, im Gebirge auszurutschen und womöglich abzustürzen, weil man nicht auf den Weg gesehen hat, ist barfuß im Idealfall deutlich geringer.

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Es ist eine Veränderung des ganzen Verhaltens, der Abläufe, der Gewohnheiten. Die Umstellung ist ein Bruch in vielen Dingen. Der Fokus wird anders.

Ich finde das sehr gut. Aber es ist nicht unbedingt einfach damit zu werben. Nicht attraktiv in einer Welt in der man sich alles immer einfacher machen möchte und optimieren. 500 Euro für ein paar Laufschuhe, die nur 100km halten, aber die Geschwindigkeit um ein paar Prozent verbessern? Gerne! Aber Schuhe weglassen und langsamer sein, verletzbar werden? Für was?

Menschen wollen eigentlich nichts wirklich ändern, wenn es nicht bequem ist. Ablenkung vom Nachdenken ist deutlich besser zu verkaufen als etwas zu hinterfragen und Änderungen anzuregen. Und dass es gut für uns ist, wenn wir Geschwindigkeit rausnehmen, Verbundenheit mit der Schöpfung erlernen und den Weg genau zu betrachten, den wir gehen? Das ist wohl klar.

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Zunächst einmal sind Schuhe ja mega praktisch. Man tritt damit nicht so leicht in Skorpione, Schlangen oder Dinosaurierscheiße. Also einen evolutorischen Vorteil wird es schon gehabt haben. Aber vermutlich war es nur der profane Vorteil auf dem Schlachtfeld, der der Schuhtechnologie zum Durchbruch verholfen hat. Eine Armee, die nicht 15% Krankenstand wegen Fersensporn hat, ist schlagkräftiger. Und die Veteranen hatten dafür dann so verschrobene Quanten, daß sie die Schuhe mit ins Zivilleben nehmen mußten. Und da Kriegführen ja sowieso leider „normal“ ist, ist eben auch Schuhetragen normal (und wird es vermutlich bleiben). :weary:

Nein, ich denke, es war einfach eine praktische Entscheidung. Auch beim Jagen, Viehzucht oder Ackerbau sind Schuhe eine Erleichterung. Man kann sich mehr auf die eigentliche Arbeit konzentrieren und hat eine geringere Wahrscheinlichkeit sich zu verletzen.

Wobei sicher über die meiste Zeit Schuhe nur Minimalschuhe (Indigene) oder Sandalen waren (Siehe Römer)

Und natürlich spielt das Klima und Geologie eine Rolle. Inuit hatten schon immer, aus guten Gründen, Schuhe an den Füßen.

Warum aber Menschen auch dann Schuhe tragen, wenn es gar nicht nötig ist?
Nun, man ist damit eben unbekümmerter unterwegs. Und es ist dann auch Gewohnheit, wenn die Schuhe sich bequem anfühlen oder als Teil der Bekleidung (Stil) verstanden werden.

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Ich sehe es wie Sven.
Aber die Sache mit den Armeen, die sehe ich anders. Du kennst ja meinen Hintergrund, ich arbeite seit 15 Jahren für den Legionärspfad Vindonissa und das Vindonissa Museum und weiss daher nicht wenig über die Römer.
Zunächst einmal: Die Ureinwohner der USA hatten Mokassins, das sind sehr minimalistische Schuhe. Lederne Socken, beinahe barfuss. Und die kämpften erfolgreich damit - aus dem Hinterhalt.
Auch die Germanen trugen keine Schuhe wie die Römer, deren Caligae (die Sandalen der Soldaten) nicht mehr als Minimalschuhe bezeichnet werden können. Und die Germanen fügten den Römern empfindliche Niederlagen zu! Es kommt halt drauf an, wie gekämpft wird: Die Römer waren in der offenen Feldschlacht kaum zu schlagen in Sachen Taktik und Ausrüstung. Dazu gehören die genagelten Sandalen, die auf dem Feld sehr guten Halt und Stand geben, was auch nötig war: die Legionäre sind eine Art schwere Infanterie, sie haben - wenn das Pilum geschleudert wurde - den Schild und das Schwert, und da braucht es den guten Stand. Dagegen kämpften die Germanen aus dem Hinterhalt. Ihre leichte Ausrüstung entspricht dieser Art des Kämpfens. Insofern benötigten sie nicht die genagelten Sandalen der Legionäre.
Das Schuhwerk entspricht also immer dem Zweck, wofür es eben dient.

Liebe Grüsse
Dorothea

P.S.: Werbung in eigener Sache: am 3. März bin ich von 13.00-17.00 im Vindonissa Museum. Wer vorbeischauen mag: man kann mir gern Fragen stellen! Dazu werde ich von 14.00-14.30 eine Kurzführung zum Thema „Alltag in der Legion“ halten. Falls ich keine Museumsfreiwillige zur Verfügung haben werde, werde ich auf Wunsch Originalobjekte zeigen. Man darf diese mit Gummihandschuhen sogar in die Hand nehmen. Ich werde selber nicht barfuss sein - ich darf nicht - aber ich trage sehr minimalistische Sandalen: Repliken, sie sehen genau wie die in den Vitrinen zu bestaunenden Originale aus. Das wird von den Gästen sehr geschätzt, ich kann glaubwürdig vermitteln, dass man mit solchen Sandalen problemlos auch bei kaltem Wetter gehen kann.

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