Ich habe die letzten Tage etwas dazu gelesen. Und es ist wirklich interessant, wie Schuhe einfaches Hilfsmittel, Schutz, Statussymbol, Machtinstrument oder Ausdruck von Zugehörigkeit zu einer Gruppe waren und sind.
Der moderne Mensch ist mutmaßlich an einem unbekannten Ort in Afrika zuerst aufgetaucht und dort gab/gibt es große Gebiete, wo Kleidung und Schuhe nicht notwendig sind. Solange der Mensch dort gelebt hat, waren Schuhe und Kleidung nicht nötig oder hilfreich.
Der Mensch hat dann aber angefangen Mensch zu sein und hat neue Gebiete gefunden, Berge und Meere überquert, für die er nicht geeignet war. Sicher sind viele Menschen an Hitze, Kälte, Hunger und Durst gestorben, bevor sie angefangen haben sich Schutzkleidung anzufertigen und Lebensmittel/Wasser zu transportieren.
Schuhe sind im Kampf von Vorteil, weil man auch auf schwierigem Untergrund schnell laufen kann, ohne sich zu verletzen. Auf dem Weg über Berge sind Schuhe eine große Erleichterung. Durch Wüsten, über Eis oder Vulkangestein.
Die ersten „Schuhe“ waren im Grunde Minimal-Schuhe. Die Sohle war erst einmal weiches Leder, Fell oder aus Pflanzenfasern. Ein wirksamer Schutz vor Verletzung, Kälte und Hitze. Schon in der Antike waren Schuhe Handwerk und sehr zweckorientiert. Die Agypter erlaubten nur bestimmten Menschen Schuhe mit bestimmten Merkmalen. Die Form der Schuhspitzen war ein Hinweis auf den sozialen Status.
Schnell waren Schuhe also auch ein Zeichen für Überlegenheit, Status, Macht und Reichtum.
Das hat sich im Grunde immer so gehalten, wo die Zivilisation hingelangt ist. Egal ob Römer, Osmanen, Europäer usw. Wobei in großen Städten auch Hygiene ein Problem war. Fäkalien waren praktisch überall und selbst kleine Verletzungen an den Füßen konnten schnell eine Blutvergiftung nach sich ziehen.
Schuhe sind sicher nicht immer nötig, aber für die allermeisten Menschen in den vielen Ländern wenigstens einen großen Teil der Zeit. Wenn man Schuhe anhat, muss man nicht genau überlegen, wo man hintreten kann. Man ist in der Regel schneller. Die Gefahr sich zu schneiden oder zu stoßen ist minimal. Heißer Boden oder Kälte ist in geeigneten Schuhen gar kein Problem.
Was genau schöne Schuhe sind, hat sich immer wieder stark verändert. Aber wer die jeweils aktuelle Mode besitzt, zeigt seinen Wohlstand. Wer z. B. einen maßgeschneiderten Anzug trägt und dazu passende Schuhe, wird oft als besonders seriös wahrgenommen. Politiker, Geschäftsleute …
Wer die neuesten NIKE oder Adidas trägt ist in, oder welche Marke in der entsprechenden Gruppe eben „oben“ ist. Oft ist der ursprüngliche Zweck bei Schuhen egal. Anders lassen sich unbequeme Schuhe, hohe Absätze und extrem dicke Sohlen nicht erklären, die den Fuß eher beschädigen oder leicht zu Verletzungen führen.
Wer keine Schuhe trägt, gilt in den meisten Teilen der Erde als arm. Wer würde schon freiwillig auf dieses nützliche Werkzeug verzichten? Deswegen sind Leute, die nicht nur im Schwimmbad auf Schuhe verzichten, eine Ausnahme und werden es vermutlich auch bleiben.
Ja, man sollte möglichst oft barfuß gehen. Es ist gut für den ganzen Bewegungsapparat. Es ermöglicht ein ganz besonderes Fühlen, schafft ein Stück Freiheit. Aber es ist nicht so einfach wie einen Weg mit Schuhen gehen. Man kann regelrecht deswegen stranden. Es macht definitiv verwundbarer. Es ist deswegen an manchen Orten unmöglich oder faktisch sehr unvernünftig (Baustelle, Fabrik, Einsatzkräfte, Arktis, …) Die Gesellschaft tut sich damit schwer und es führt zu Ablehnung bei manchen. Man muss es bewusst tun. Es ist kein hoher Status damit verbunden.
Es nur manchmal als Hobby zu machen, ist allerdings auch wenig hilfreich. Dann werden die Füße schwach bleiben und sehr empfindlich. So kann man die Vorteile nur auf sehr begrenztem Gebiet nutzen. Diese Erfahrungen sind in der Regel keine Werbung für den Lebensstil. Eher schreckt es ab.
Barfußschuhe erscheinen deshalb manchen als guter Kompromiss. Einerseits ein schon recht ordentlicher Schutz und trotzdem näher an dem Boden auf dem man steht. Der Gang ist schon natürlicher. Hier kann man auch ein bisschen „Gesellschaft“ mitspielen, wenn man teure und noble Marken trägt und hat weniger mit Ablehnung zu tun.
Letztlich ist barfuß aber nur barfuß, wenn man es tatsächlich tut. Wenn Schuhe nur dann zum Einsatz kommen, wenn es wirklich erforderlich ist oder sie ein konkretes Risiko wirklich deutlich senken. Und diese Einstellung ist radikal. Dazu sind die meisten nicht bereit. Die wenigsten haben Lust sich nach einem Tag in der Stadt gewohnheitsmäßig Glassplitter aus dem Fuß zu prokeln. Viele habe nicht einmal ein normales Verhältnis zu Füßen und ekeln sich davor.
Also würde ich annehmen, dass viele es nicht wollen. Und es sind nur wenige, die es durchziehen.
Auch wenn die konsequenten Leute es eher nicht so sagen würden: Es ist auch ein bisschen mühevoll und es erfordert die Bereitschaft unangenehme Erfahrungen zu sammeln. Deswegen ist es am Ende etwas für wenige. Selbst dann, wenn es letztlich natürlich und gut ist und funktioniert.
Ich kann zur Zeit noch nicht absehen, wie es bei mir wird. Aber ich wünsche mir wirklich, dass ich das ausdehnen kann. Hab ja gerade erst begonnen.
PS: nur um Missverständnissen auszuräumen: ich bin absolut für barfuß. Ich bedauere, das ich zur Zeit noch nicht genug Übung habe und dass es für mich draußen jetzt zu kalt ist um zu üben.