Ihr Lieben
Vergangene Woche war ich für einige Tage zu Jürgen aka Barfussinbaden und seiner Frau eingeladen. Da ich seit zwei Wochen kaum noch Schmerzen da habe, wo früher mal eine Warze war, beschlossen wir, eine zünftige Wanderung zu wagen, und zwar den mit den Prädikaten Genussweg und Premiumwanderweg ausgezeichneten Karlsruher Grat bei Ottenhöfen im Schwarzwald.
Hier eine andere Beschreibung: Wanderung auf dem Karlsruher Grat – wandern im Schwarzwald
Premiumwanderwege brüsten sich damit, einen möglichst hohen Anteil an natürlichen Untergründen aufzuweisen, und „Genussweg“ klang vielversprechend. Klar steht da „alpiner Wanderweg“, aber wir haben die Erfahrung gemacht, dass in Deutschland gern mal ein Weg als schwierig klassiert wird, der in der Schweiz als ganz normaler rot-weiss markierter Bergweg durchgehen würde.
Wir waren also gespannt.
Zuerst geht es durch Ottenhöfen bergauf, Teer ist unproblematisch. Die ersten Meter im Wald auf dem Weg zum Eichkopf waren vielversprechend.
Man muss je nach Jahreszeit allerdings acht geben auf Kastanienigel.
Dann wurde es etwas rauher.
Dazwischen tauchten mal die Eichkopfhütte mit der Sautränke auf:
Dahinter folgte erst mal angenehmer Teer, ehe ein fieser Abschnitt hinunter ins Tal zum Edelfrauengrab folgte.
Ironischerweise kann man während des Abstiegs zu dem Steinbruch hinübersehen, der die Wegbauer mit diesem Fakirzeugs beliefert! Na ja, das ist wohl immer noch „natürlicher Untergrund“

Dort unten gibt es idyllische Wasserfälle und angenehme Treppen und Holzstege für unsereins. Eine Wohltat nach dem vielen Schotter.
Die Höhle rechts ist das sagenumwobene eigentliche Edelfrauengrab.
Dazwischen anspruchsvolle Böden. Nur keine Miene verziehen angesichts des häufigen Gegenverkehrs!
Bei der „romantischen Brücke“, hier ist
mein Hund Ungo zu sehen.
Dort fehlt eine Wegmarkierung. Wir sind dem in der uns vorliegenden Karte eingezeichneten Weg gefolgt, der aber teils von Brombeeren zugewuchert wird und es hat einige umgestürzte Bäume. Dass die neue Routenführung dem Bach entlang geht, haben wir erst hinterher erfahren. Das soll ein Premiumweg sein?!
Alles andere als Premium fanden wir auch den langen Abschnitt zum Schnapsbrunnen.
Als wir sahen, wie es weitergeht, mussten wir erst mal tief durchatmen. Das ist blanker Hohn, und das während ca. 300 Metern!!
Umso mehr, als dass dort darum geworben wurde, den Weg durch ein Online-Voting als „schönsten Wanderweg Deutschlands“ zu klassieren!
Nein Danke. Abgesehen von den für unsereins mühsamen Böden hat es uns zu wenig Aussicht, man ist doch sehr viel im Wald. Es gibt bestimmt schönere Wanderwege in Deutschland!
Immerhin kamen wir zu einem schönen Aussichtspunkt, dem Herrenschrofen.
Und bald kamen wir zum eigentlichen Karlsruher Grat. Zunächst fanden wir, da wird zu viel Panikmache betrieben, so schwer war das nicht.
Aber dann…
Das ist nicht eine Seilsicherung, sondern die Schleppleine meines Hundes, den man nicht frei laufen lassen kann. - Jürgen nutzte hier die letzte Gelegenheit, um die harmlose Umgehung zu erreichen, ich hingegen wollte unbedingt oben durch.
Man sollte keine Fehler machen. Das ist zu Recht eine als „alpiner Weg“ klassierte Route, die in der Schweiz blau-weiss markiert wäre. Ich stufe sie als T4-T4+ ein.
Das Gestein ist sehr grob in der Oberfläche, es handelt sich um Porphyr. Man musste die Füsse sehr genau setzen, um sich nicht weh zu tun. Hier die Nahaufnahme eines solchen Steins.
Ich kreuzte zwei Wanderer, die erst fassungslos auf meine Füsse starrten, dann aber gleich meiten, man würde sehen, dass ich sowas nicht zum ersten Mal mache! War ulkig!
Nach dem Grat traf ich wieder auf Jürgen, und nach einem weiteren Anstieg mit Schotter

Jürgens Füsse hatten hier oben genug von diesem „Genussweg“. Ich ging noch weiter barfuss, aber im Abstieg reichte es mir irgendwann auch. Es gab zwar Abschnitte, die hübsch aussehen,
…aber wenn man von nahem schaut…
Das sieht aus wie Splitt im Winter und fühlt sich nach Kilometern auf Schotter und Porphyr auch so an. So hatte ich auch bald genug und zog meine Sandalen an. Angesichts dieses Wegstandards versteht Ihr das sicher!
Der Abstieg war ziemlich steil, Wanderstöcke könnten dort einiges an Entlastung bringen. Man kann sich auch fragen, warum man nicht da hochsteigt, wo es steil ist, denn da, wo wir gestartet waren, ist es um einiges weniger steil und damit knieschonender. Wir denken, es liegt an den wunderbaren Ausblicken, die man sonst im Rücken hätte, dass die Route in dieser Richtung empfohlen wird. Und der Grat selber ist natürlich im Aufstieg einfacher als im Abstieg.
Jaa, hier hätten wir die Sandalen wieder ausziehen können, aber da wir erst nach dem Mittagessen aufgebrochen waren und auf diesen Böden nicht schnell hatten gehen können, wollten wir auch mal vorankommen. Wir hatten nämlich inzwischen Hunger und freuten uns auf ein Raclette!

Fazit:
„Premiumwege“ sind nicht unbedingt Wege, die auch barfusstauglich sind. Und ein Genussweg ist diese Route für bare Füsse auf keinen Fall. Höchstens für die Augen wegen der wenigen Ausblicke und für die Gaumen wegen der Schnapsbrunnen. Ob diese allerdings Sinn machen, wenn man hinterher den Grat überschreitete, bleibe mal dahngestellt.
Für hartgesottene und abenteuerlustige Barfüssige allerdings eine interessante Route.
Liebe Grüsse
Dorothea und Jürgen