Minimalschuhe ohne Zehensteg - Saltic Fly (und andere)

Liebe Foristi

Ich habe schon länger angekündigt, einige Schuhtests hier einzustellen.
Es ist bekannt, dass ich seit Jahren unter einer Dornwarze litt, die mitten im rechten Fussballen sass – genau da, wo die Belastung am grössten ist. Das Ding tat zunehmend weh, wenn ich auf einen Stein trat z.B., der Schmerz kroch unter den Schädel! Also war ich zunehmend gezwungen, Sandalen zu tragen. Mittlerweile scheint das Ding weg zu sein, drückt mir die Daumen – ich bin nicht böse, wenn ich endlich wieder mehr barfuss wandern kann! Um alles gut heilen zu lassen, brauche ich nach wie vor Sandalen.

Gezwungen zu sein, Sandalen zu tragen, und empfindliche, schmale Füsse sind eine heikle Kombination. Zehenstegsandalen eignen sich bei mir nur für kurze Strecken, Huaraches verursachen bei mir zwischen den Zehen Scheuerstellen – egal was ich bezüglich der Einstellungen und Schnürungen unternehme. Ich muss also auf Modelle ohne Zehensteg ausweichen. Lange Zeit gab es lediglich den Xero Z-Trek, den ich auch während zweier Jahre benutzte. Nur sind die nicht sonderlich dauerhaft. Bei grosser Belastung wie z.B. Abstiegen können vorn an der Sandale die Laschen reissen, mittels der die Riemen befestigt sind. Auf dieselbe Schwachstelle hat übrigens Harald auch dem Testbericht im Barfussblog hingewiesen: Minimalschuhtest Xero Shoes Z-TREK Sandale - barfussblog.de
In meinem Fall verstärkt sich das Problem dadurch, dass ich schmale Füsse habe und vorne kaum eine Sandale wirklich gut sitzt. Sitzt die Z-Trek zu lose, belastet es die Laschen, und wenn ich sie festziehe, erst recht. Der Xero Z-Trail hätte mir persönlich zu dicke Sohlen gehabt, und aufgrund meiner Erfahrungen mit der Z-Trek misstraue ich den Laschen.
Daher benutzte ich während zwei Jahren die Wildlinge Rabenfeder, nun umbenannt in Elsterfeder: Elsterfeder | Wildling Shoes | Minimalschuhe | nachhaltig | fair Die sind extrem bequem. NICHTS drückt, nichts scheuert, und man spürt den Boden sehr gut. Allerdings sitzen die vorne auch nicht gerade gut am Fuss, wenn man schmale Pfoten hat. Die Sohlen sind sehr dauerhaft, aber haben ein schlechtes Profil. Für Trekkings eignen sie sich prima, aber in die Berge würde ich die nicht anziehen, zu unsicher. Die schmalen Kletts neigen bei starker Belastung dazu, sich selber zu öffnen. Zudem stinken die schnell mal. Ich habe damit aber den Komfort geschützter Zehen kennengelernt, was sehr hilfreich ist, wenn man abseits von Wegen unterwegs ist.
Nun gibt es auch neu die Chala Alpini. Minimale Adventure Sandale | Deine Chala
Selbstverständlich habe ich die auch bestellt, aber nach wenigen Wanderungen wieder in den Schrank gelegt. Erstens drücken die, egal wie ich sie einstelle, zweitens scheuern die Riemen durch, wenn man oft auf Schotter geht – schade ums Geld. Ich werde irgendwann mal einen Bericht dazu hier einstellen.
Für mich die Lösung war und ist der Saltic Fly: https://barefootsaltic.cz/kategorie-produktu/barefoot/sandale/fly/?wcmlc=EUR
Kein Zehensteg, Zehenschutz, nichts scheuert durch, halbwegs anständiges Profil.
Saltic ist bislang bekannt als Herstellerfirma guter Kletterschuhe. Die haben auch eine Minimalschuh-Sparte. Also habe ich mir im Frühjahr 2022 zwei Paare Fly bestellt. Man darf sich nicht davon abschrecken lassen, dass es eine tschechische Firma ist, die liefern auch ins Ausland, und man kann die Sprache und die Währung auf der Website einstellen. Ich hatte eine Frage an den Kundendienst, die zeitnah beantwortet wurde, die Sprache war Englisch. Die Ermittlung der Grösse war trotz nicht aus dem Tschechischen übersetzbarer Grössentabelle problemlos und die Lieferung zügig. Die Sandalen sollten nicht zu knapp bestellt werden. Man braucht etwas Raum vorne, weil die Sohle ja hochgezogen ist. In langen Abstiegen bekommt man sonst Zehenschmerzen! Selbst wenn sie in der richtigen Länge bestellt werden, sollte man aus diesem Grund vorn lieber zu viel als zu wenig Raum übriglassen.
Die Sandalen kommen in einem Netzbeutel.

Der erste Eindruck war sehr positiv: leicht (laut Hersteller 190 Gramm / Paar), sauber verarbeitet, gut verklebt, gute breite Klettverschlüsse.


Das hat sich im weiteren Gebrauch bestätigt: die sehen nach wie vor gut aus. Keine losen Nähte, keine sich lösenden Verklebungen. Hier nach 10 Monaten Gebrauch, oft bei Wanderungen und täglichen Hunderunden getragen:

Sie bestehen aus einer Sohle aus einem gummiartigen Material (nicht Vibram), welche vorn hochgezogen ist, was den Zehenschutz herstellt. Auf diese Sohle ist dann das Material aufgeklebt, welches Fussbett und Riemen ausmacht, es ist eine Kunstfaser. Es hat einige kleine Metallteile für die Riemen. Die Sandale ist sehr minimalistisch. Keine Schaumeinlage, einfach nur Sohle und Riemen. Mehr braucht es nicht wirklich.


Die Riemen werden um Knöchel und Ferse sowie über dem Vorderfuss mittels Kletts am Fuss befestigt.


Zunächst drückten mich die Sandalen: Wieder einmal das Problem, dass ich mit meinen schmalen Füssen überall scheuere, egal wie eng ich die Riemen stelle, beim Fly vor allem vorn auf den Zehen-Grundgelenken, wo die Metallteile für die Riemenführung sitzen. Eine Zeit lang habe ich dort dann einfach Pflaster hingeklebt. Inzwischen habe ich herausgefunden, dass man mit den Riemen «spielen» muss. In meinem Fall muss der Riemen ums Fussgelenk eng sitzen und die Einstellungen vorn am Fuss müssen eher locker sein, dann ist der Fly für mich sehr bequem. Auch wird das Material weicher, wenn die Sandalen mal so richtig nass gewesen sind.
Durch die Kletts sind sie einfach anzuziehen. Ich selbst löse jenen über dem Knöchel. Jene an der Ferse und am Vorderfuss können belassen werden, wenn die richtige Einstellung gefunden wurde. Die Kletts erlauben auch ein sehr rasches Anpassen an eine neue Situation. Z.B., wenn man sie im Winter tragen und den Fuss mit einer Neoprensocke vor Kälte und Schnee schützen möchte.
Die Sohlen sind sehr dünn, 3,5 mm. Der aufgeklebte Belag ist nicht dick, höchstens 2 mm. Man hat damit ein gutes Gefühl für den Boden, man spürt z.B., ob Asphalt grob beschaffen ist. Sie sind voll flexibel. Man könnte sie rollen. Hier ein ganzes Paar gerollt:


Ich ziehe es aber vor, sie im Rucksack zuoberst unter die Klappe zu klemmen. Die sind so flach, die nehmen kaum Platz ein. Auch seitlich am Rucksack kann man sie sehr einfach einstecken und bei Bedarf rausziehen.

Sie haften beinahe so gut wie Vibram-Sohlen, sind aber nicht ganz so dauerhaft. Man sieht meinen beiden Paaren an, dass ich sie oft täglich bei Hunderunden und Wanderungen trage, und bei uns gibt es oft Schotter.


Die einseitige Abnutzung liegt aber auch an meiner nicht optimalen Art des Gehens, nach wie vor stosse ich viel zu sehr ab, anstatt abzurollen. Andererseits sieht man bei mir bei Vibramsohlen niemals dieselbe Abnutzung. Wären die Fly mit einer Vibramsohle ausgestattet, wären das nicht nur gute, sondern hervorragende Sandalen – ich werde dies dem Hersteller auch rückmelden.
Wird die Sandale nass, ist der Halt darin nicht mehr ganz so gut, jedoch nicht so krass schlechter wie z.B. im Xero Z-Trek. Aber sie trocknen sehr schnell und sie stinken nicht: das Kunstfasermaterial im Fussbett saugt den Fussschweiss auf, ohne dass es mit unangenehmen Gerüchen einhergeht. Die Sandalen sind leicht zu reinigen: Abwaschen, ausklopfen und / oder bürsten reicht völlig.
Ich habe die Sandalen mehrere Male im Gebirge getragen. Auch eine anspruchsvolle Bergwanderung von 18 Kilometern Länge und mit 1700 Höhenmetern Auf- und 2500 Höhenmetern Abstieg, Schwierigkeit T4 war damit gut zu machen. Lediglich in steilen Abstiegen auf gewissen Grassorten muss man sehr aufpassen.


Auch trockenes Buchenlaub ist sehr gefährlich, aber das trifft auf fast jeden Minimalschuh zu. Längere Hangtraversen können unangenehm werden: da ich die Sandalen um den Vorderfuss nicht eng fixieren kann, weil ich sonst Blasen bekomme, «schwimmt» der Fuss vorn im Schuh umher. Für Männer mit normalen bis breiten Füssen sollte es keine Probleme geben. Jürgen aka Barfuss in Baden hat mit seinen kräftigen Männerfüssen eins meiner beiden Paare getragen und fand sie auf Anhieb sehr angenehm auf allen Terrains. Bei ihm gab es keine Scheuerstellen und kein «Schwimmen».

Mein Fazit:
Die Saltic Fly bieten eine interessante und mit € 61.50 nicht allzu teure Alternative für jene, welche Minimalschuhe aus welchen Gründen auch immer tragen müssen, und die mit Zehenstegen ihre Probleme bekommen. Sie sind leicht, luftig, sehr gut einzustellen und anzupassen, schnell an- und auszuziehen, von guter Qualität und angenehm zu tragen, wenn die richtigen Einstellungen gefunden worden sind. Positiv sind die einfache Reinigung und der Umstand, dass der Halt bei Nässe nicht allzu sehr verloren geht. Sie sind minimalistisch und nehmen im Gepäck nicht viel Platz weg. Einzige Minuspunkte: sie sehen gewöhnungsbedürftig aus und das Material der Sohle dürfte gern dauerhafter sein, ideal wäre Vibram. Sie eignen sich für Wanderungen und Trekkings. Im anspruchsvollen Gelände sollte man sie nur mit der entsprechenden Erfahrung tragen.

Liebe Grüsse
Dorothea

3 „Gefällt mir“