Barfuß auf die Zugspitze! Eine Höllentour!

Johann Sanktjohanser, Martl Jung, Christian Schwarze, Bernd Gerber, @coar, …(???)
und jetzt auch ich! :smiley:

Ich habe ja schon öfter geschrieben, dass ich gerne die Zugspitze besteigen wollte, nur war das für mich selbst jahrelang unrealistisch. Jetzt hat es sich aber doch ergeben, dass ich endlich auf den Gipfel konnte und zwar auf der vermutlich schönsten, aber auch anspruchsvollsten Route: durch das Höllental.
Möglich war das für mich nur, weil ich einen erfahrenen und ortskundigen Begleiter hatte - kein Geringerer als Alpenüberquerer Martl Jung höchstpersönlich :wink:

Eigentlich hatte ich ihn letztes Jahr nur angeschrieben, um seine Meinung zu einem anderen Aufstieg einzuholen (von Norden her über den Stopselzieher), aber er schlug direkt vor, zusammen zu gehen, was mich sehr gefreut hat!

Ich habe gerade einen Bericht in meinem Blog veröffentlich und damit ich nicht nochmal dasselbe schreibe, gehe ich hier mehr auf die Bodenbeschaffenheit ein. Die ließe sich eigentlich größtenteils mit „Schotter und Geröll“ zusammenfassen, aber ein paar andere und schöne Untergründe ließen sich schon noch erspüren.

Die Bilder sind teilweise von mir, teilweise von Martl.

Los geht’s um 5:20 Uhr vom Parkplatz in Hammersbach über einen steinigen Waldweg:

Nach einer halben Stunde kommt der Eingang zur Höllentalklamm:

Nach der Klamm kommt wieder ein steiniger Weg bis zur Höllentalangerhütte:

Dort befindet sich eine recht spitze Gitterbrücke, die man aber auch umgehen kann:

Es geht ungefähr eine Stunde weiter durch den Höllentalanger. Die Wege sehen schlimmer aus als sie sind. Die Steine sind von den vielen Leuten rundgeschliffen.

Dann kommt der wohl berühmteste Teil dieser Tour, der kurze Klettersteig mit „Leiter“ und „Brett“:

Im Anschluss geht es über ein paar Felsen bis auf den „Grünen Buckel“, dem letzten Grün auf dieser Route (Baumgrenze). Dort liegt Bayerns drittältester Geocache von 2001 :innocent:

Eine lange, trostlose Geröllwüste führt bis zum Rand des Höllentalferners. Die Geröll-Hölle :joy:

Der Höllentalferner ist inzwischen der Größte von nur noch 4 verbliebenen deutschen Gletschern. Das finde ich erschreckend. So groß ist er nicht wirklich…

Während wir die Grödel anzogen, zeigten sich die Dohlen sehr zutraulich:

Jetzt ging es an die Gletscherüberquerung. Ein warmer Föhnwind wehte uns dabei an.

Im oberen Teil war es steil, deswegen waren die einzigen Hilfsmittel für die Füße zwingend erforderlich:

Nach dem Gletscher kommt das schwierigste Stück der Besteigung. Der Klettersteig, der über 500 Höhenmeter hinaufführt. Gleich der Einstieg an der Randkluft ist das steilste Stück (Kategorie C). Da geht’s am Seil fast senkrecht rauf:

Vor dem ausgesetzten Teil danach hatte ich am meisten Ehrfurcht, weil ich nicht vollständig höhenfest bin, aber am (extra für die Tour gekauften) Klettersteigset fühlte ich mich sicher und hatte keine Probleme beim Runtersehen. Die Felsen fühlten sich gut an unter den Füßen, vom Gefühl her war dies der schönste Teil der Wanderung!

Martl geht diese Kategorie (A/B) ungesichert, aber ich könnte das nicht. Da würde ich mich nur verkrampfen.

Es gab vereinzelte Passagen, wo ich auch den Haken in die Hand genommen habe, weil es schneller ging, aber grundsätzlich war ich 95% des Aufstiegs gesichert. Besser ist das!

Der Weitwinkelmodus lässt einige Stellen steiler aussehen als sie sind:

Von der Irmerscharte hat man einen tollen Blick über das Höllental und den Eibsee, der auch die „Karibik Bayerns“ genannt wird, weil er so türkisblau schimmert. Hier machten wir eine kleine Pause und mein Kreislauf sackte zusammen. Bis dahin ging es mir wirklich prima, aber nur noch 100 Meter unterhalb des Gipfels musste ich mich arg zusammenreißen, um die Konzentration nicht zu verlieren.

Noch mehr Zeit verloren wir, als wir erneut die Grödel und Stöcke auspacken mussten, weil im oberen Teil so viel Schnee lag, dass das Sicherungsseil nicht erreichbar war. Ausgerechnet an einer sehr steilen Stelle, die in einer Rinne ins Tal führt. Dies ist vermutlich genau dort, wo ein Mann zwei Wochen zuvor von einem Schneerutsch erfasst und mitgerissen wurde. Bis auf den Schneeferner hat es ihn hinuntergespült. Ich fühlte mich plötzlich gar nicht mehr gut und fing an, laut zu fluchen!!!

Die letzten Meter zum Gipfel war ich völlig durch den Wind und hakte mich sogar auf dem flachen Weg zum Gipfelkreuz ins Sicherungsseil ein. Jetzt bloß nichts mehr riskieren…

Als wäre der Stress mit dem Schneefeld nicht genug gewesen, habe ich kurz vor der Talfahrt bemerkt, dass ich meinen Ehering verloren hatte. Es muss auf der Terasse beim Biertisch gewesen sein, als ich mir die Handschuhe auszog. Die Suche blieb leider erfolglos. Der Wirt hat inzwischen auch nochmal gezielt gesucht, ohne Ergebnis.

Das hätt’s echt nicht gebraucht. Leider kann ich deswegen das ganze tolle Erfolgserlebnis nicht so richtig genießen. Inzwischen habe ich die Myriaden von Sinneseindrücken verarbeitet und Blutdruck, Gehirnfunktion und Muskelkraft sind wieder im Normalbereich.
Was am wenigsten gelitten hat, waren die Fußsohlen! Ich habe sie zwar gespürt am nächsten Tag, aber es ging mir besser als auf meiner letzten Bergtour letztes Jahr. Also alles ganz normal :stuck_out_tongue_winking_eye:

Fuß zum Gruß :footprints: :wave:
Forbi


Hier noch ein paar Links zu bisherigen, mir bekannten barfüßigen Zugspitzbesteigungen:

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Bist a Wühdsau! Respekt.

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Hi 4B,
danke für den ausführlichen Bericht und die schönen Bilder. Das ist eine echt krasse Tour, die ihr da gemacht habt!

Die Karibik ist der Eibsee des atlantischen Ozeans. :stuck_out_tongue_winking_eye:

LG
stromkabelsalat

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Oh, da wäre ich gern dabei gewesen, sowas würde mir auch Spass machen! Derlei Herausforderungen machen das Leben süss, erst recht wenn man gut vorbereitet ist!
Ich bin ja auch schon barfuss Touren in der Schwierigkeit gegangen, bewusst ungesichert - damit einer von uns für die Kinder übrig bleibt, damit mein Mann und ich uns nicht gegenseitig mitreissen, sollte einer von uns abstürzen. Er ist viel grösser und schwerer als ich, ich weiss nicht, ob ich ihn halten könnte…
Nur - im Moment ginge es nach wie vor nicht, ich habe nach wie vor zu grosse Schmerzen bei so unebenen Wegen. Vielleicht ist noch Warze tief innen, oder es ist Narbengewebe - schmerzfrei barfuss geht nur auf weichen und sandigen Böden, schon etwas gröberen Teer spüre ich unangenehm. Ich werde einmal mehr meine Dermatologin konsultieren müssen.:angry: Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf!
Dass Du die Sohlen hinterher gut gespürt hast, glaube ich gern. Das sieht mir nach Kalk aus. Kalk und Dolomit sind für Barfüsse sehr anspruchsvoll, und man tut gut daran, diesen am Tag nach der Tour etwas Schonung zu gewähren. Ich erinnere mich an meine Pilatus-Tour, die sehr anspruchsvoll für die Füsse war. Am Tag danach machten wir eine lange Wanderung im Jura, die ersten drei Stunden ausschliesslich auf Kalkschotter, fast wie auf Deinen Bildern. Nach ca. 4 Stunden „wollten“ meine Füsse nicht mehr. Es war einfach fertig, ich kann nicht mal sagen warum, aber ich spürte es. Martl berichtet ja Ähnliches, er meint, die Alpenquerung würde er nicht mehr ohne Schuhe machen, das war oft zu strapaziös gewesen….

Liebe Grüsse
Dorothea

Liebe Grüsse
Dorothea

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Wow, vielen Dank!
Das reizt mich ja auch ungemein.
Aber meine allgemeine Fitness geht gerade den Bach runter, ich käme nichtmal bis auf halbe Höhe, fürchte ich.

Schöner Bericht! Ich bin vor Jahrtausenden, natürlich noch beschuht, mit einem Studienkollege zusammen mal auch diesen Weg gegangen, aber mit Übernachtung auf der Höllentalangerhütte, dafür waren wir dann oben zu geizig für die Talfahrt und sind den Weg über die Wiener-Neustädter-Hütter zum Eibsee runter gegangen. Wäre interessant, inwieweit sich der Weg gegenüber meiner damaligen, schon blassen Erinnerung durch den Rückgang des Höllentalferners verändert hat. Ich meine, die sich immer mehr erweiternde Randkluft hat in der Zwischenzeit ein paar Leute sehr geärgert, das war damals die Schlüsselstelle.
Hab immer noch mein Klettersteigzeug von damals, technisch einwandfrei, aber Stand der Lehrmeinung von vor 30 Jahren.

Keine Ahnung, ob ich mich das heute so trauen würde (mit meiner aktuellen Kondition vielleicht schon, aber mit Höllentalangerhütte und vielleicht auch Talfahrt), aber vielleicht nicht unbedingt bf. Solche bf-Grödel müßte ich mir erst besorgen.

Und was den Ehering betrifft, darf ich Dich trösten: Ich habe meinen ehemaligen Velobungs-, per Datum zum Ehering geupradeten zwei Wochen nach der Hochzeit im Sommer 1994 beim Klettern in Saalfelden verloren. Unsere „Flitterwochen“ waren eine Wander- und Kletterwoche mit „meiner“ DAV-Jugendgruppe, die ich damals mitgeleitet hatte. Wahrscheinlich liegt der immer noch irgendwo ins Gras getreten am Wandfuß von dem Klettergarten. Die ganze Bande, wirr haben mit der Nase am Boden jeden Grashalm umgedreht, nix. Ich trage schon lang den „Ersatzreifen“. Bin da nicht abergläubisch.

lG Matthias

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Wow! Ich schließe mich vorbehaltlos der ausführlichen und treffenden Analyse von @lsidor an.

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Danke für die Aufmunterung! Mir haben inzwischen viele Leute erzählt, dass sie den Ring verloren haben. Fühlt sich aber irgendwie nackt an…

Wieso nicht? Für mich war die Tour eine Herausforderung, weil sie viel Energie kostet, Schwindelfreiheit erfordert und weil es mein erster Klettersteig war. Ausdrücklich KEINE Herausforderung war, es barfuß zu tun. Das war für mich ganz selbstverständlich. Klar hatten wir beide auch Schuhe im Gepäck, aber die waren nur für den Notfall oder einen Abstieg zu Fuß gedacht.
Müsste ich die ganze Zeit Schuhe tragen, würde ich auf so eine Wanderung verzichten und lieber irgendwas leichteres machen, das ich genießen kann.

Geht mir genauso. Ich fühle mich barfuss in den Bergen in den meisten Situationen sicherer als ohne, weil ich genau spüren kann, was unter meinen Füssen abgeht. Allerdings kam es auch vor, dass ich bei heiklen Stellen Schuhe angezogen habe, weil ich mich unsicher fühlte, z.B. in weglosem Gelände, wo ich nicht immer sehe, wo ich drauftrete. Dann trage ich aber die Schuhe ja nicht die ganze Zeit.
Allerdings im Moment leider schon, s. o……:slightly_frowning_face:

Liebe Grüsse
Dorothea

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Ihr seid wirklich spitze, einzigartig!
Ich gebe zu, inzwischen etwas mehr zum genusswanderer zu werden (auch wenn ich herausforderungen liebe, siehe Zeiritzkampel): höllentouren müssen es nicht wirklich sein …
Trotzdem gern im hochgebirge unterwegs!

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Meinen Glückwunsch zu diesem Erfolgserlebnis und vielen Dank für den schönen Bericht :+1:t4: Obwohl ich sonst auch gerne in die Berge gehe und konditionell eher keine Probleme hätte, würde ich diese Tour auf die Zugspitze niemals wagen, weil mir die Kletterstellen zu krass sind und ich da keine Übung habe. Und so eine lange und anspruchsvolle Tour barfuß anzugehen schon gar nicht! :smile:

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Eine äusserst beeindruckende Leistung. Bei mir hat es kürzlich leider nur für einen Blick vom Wank auf die Zugspitze gereicht.

Wenn ich mir den Schotter und den Gletscher anschaue, scheint mir euer Aufstieg nicht nur alpinistisch, sondern durchaus auch für die Füsse herausfordernd zu sein. Eine spannende Tour habt ihr da vollbracht.

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Hi Forbi,

sehr beeindruckend! :clap: :+1: :footprints:
Vielen Dank für diesen Bericht!

Thomas

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:scream_cat: :ok_hand: :+1: :footprints: :mountain_snow: (Megarespekt, echt!!!)
:sob::ring: (Aber sehe es mal so: Frodo ist sogar absichtlich bergsteigen gegangen, um den Ring loszuwerden!)

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Hmm, „Ein Ring sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden“ und Assoziationen zu einem EHEring… :thinking:

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Frodo … Frobo… Frobi… Forbi :joy:

Aber ich sehe mich eher wie Gollum, der den Ring verloren hat und unbedingt wiederfinden will. Ich fühle mich auch grad so, wie er aussieht…

Aber Spaß beiseite, hier noch eine überflüssige Information: ich habe meine Seite grad nochmal überarbeitet und die Bilder vergrößert, das mit den Thumbnails war Mist.

@coar magst Du auch noch ein paar von Deinen Bildern zeigen, wie hier versprochen?

In welchem Jahr war das denn? Wäre vielleicht interessant zu sehen, wie sich der Gletscher seitdem verändert hat.

Und ich lerne norwegisch, „forbi“ heißt „vorbei“. Aber ich hoffe, dass es mit deinen touren noch lange nicht vorbei ist. Und wer weiß, vielleicht machen wir auch mal was gemeinsames? (Muss eventuell nicht ganz so extrem sein …)

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Was für eine tolle Tour!
Das Wichtigste ist aber, dass deine Frau dich gesund und wohlbehalten wiederbekommen hat, da sollte man nicht zu sehr an Ringen hängen! Bei Richard Wagner z. B. gibt es ungefähr 6 Tote, weil alle nach einem Ring gieren! (allerdings unterlegt mit toller Musik)

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Ja, das weiß ich. Auf plattdeutsch „vörbi“ - hängt ja alles zusammen. Mein Nachname Forberg kommt ja ursprünglich aus Norwegen (während des 30-jährigen Krieges). Nicht zu verwechseln mit dem schwedischen Forsberg! Das hat eine ganz andere Bedeutung.

Du wohnst doch in Österreich. Ich bin am 1. Septemberwochenende auf jeden Fall wieder in Kleinarl (Wagrain, Salzburger Land) und werde dort zum 3. Mal auf die Ennskraxn steigen. Wär ja ein verrückter Zufall, wenn da noch ein Barfußwanderer unterwegs ist… :stuck_out_tongue_winking_eye:

Meine Frau ist da auch viel entspannter als ich. Aber mich wurmt es trotzdem.

Okay, wenn man an Wagner denkt oder Tolkien, kann ich wirklich froh sein, dass nur der Ring weg ist, ohne Tote! :joy:

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